18.
Ich weiß nicht, ob ich hier nicht etwa töricht rede. Wenn dies der Fall wäre, so bitte ich Euer Gnaden, zerreißen sie, was ich in dieser Weise geschrieben; wenn nicht, so helfen sie meiner Einfalt nach und fügen sie nur recht vieles noch hinzu. Herrscht ja doch jetzt im Dienste Gottes so große Lauheit, daß jene, die Gott dienen, einander schützen müssen, um voranzuschreiten; denn so weit ist es schon gekommen, daß man die Eitelkeiten und Freuden dieser Welt sogar für gut und recht hält. Auf solche zwar, die diesen Dingen nachgehen, achten nur wenige; wenn aber einer anfängt, sich Gott hinzugeben, dann gibt es so viele, die dagegen murren, daß es ihm notwendig ist, sich nach Gefährten umzusehen, bei denen er Schutz findet, die er selbst so viel Kraft gewonnen hat, daß er vor Leiden nicht mehr zurückschreckt. Ohne diesen Schutz wird er sich in großer Bedrängnis finden. Dies dürfte, wie mir scheint, bei manchen Heiligen der Grund gewesen sein, warum sie sich in Wüsteneien zurückgezogen haben. Auch ist es eine Art Demut, wenn jemand nicht auf sich selbst vertraut, sondern glaubt, Gott werde ihm seinen Beistand um der Freunde willen verleihen, mit denen er umgeht. Nebstdem gewinnt die Liebe dadurch, daß sie sich anderen mitteilt, an Wachstum, und tausend Güter sind es, die der Umgang mit gottseligen Freunden mit sich bringt. Ich würde nicht so zu sprechen wagen, wüßte ich nicht aus langer Erfahrung, wieviel an einem solchen Umgange gelegen ist. Es ist zwar wahr, ich bin die Schwächste und Elendeste unter allen Menschenkindern; dennoch halte ich dafür, daß auch eine starke Seele nicht verliert, wenn die demütig ist und sich selbst nicht für stark hält, sondern meiner Erfahrung glaubt. Von mir selbst aber kann ich sagen, daß ich bei meinem beständigen Fallen und Wiederaufstehen zuletzt in die Hölle gestürzt wäre, wenn mir der Herr die eben dargelegte Wahrheit nicht zu erkennen gegeben und die Gelegenheiten nicht geboten hätte, recht häufig mit Personen zu verkehren, die das innerliche Gebet übten; zuvor hatte ich zwar viele Freunde, die mir zum Fallen halfen, zum Wiederaufstehen aber fand ich mich allein, so daß ich mich jetzt wundere, wie ich nicht für immer liegen geblieben bin. Gott allein hat mir die Hand gereicht, darum lobe ich seine Barmherzigkeit. Er sei gepriesen in alle Ewigkeit! Amen.
