6.
Prüft euch darum, meine Schwestern, ob euch an diesen Dingen etwas gelegen ist! Denn zu keinem anderen Zwecke seid ihr hier (als um sie zu verachten). Legt ihr aber auf Ehrenbezeigungen einen Wert, so werdet ihr dadurch nicht an Ehre gewinnen und auch jenen Gewinn verlieren, den ihr hättet erringen können; in diesem Falle sind also Unehre und Verlust miteinander vereint. Eine jede prüfe sich, wie tief sie in der Demut begründet ist! Daraus wird sie schließen können, wie weit sie (in der Vollkommenheit) vorangeschritten ist. Meines Erachtens wird der böse Feind es nicht wagen, den wahrhaft Demütigen bezüglich der Ehre oder eines Vorzuges auch nur durch eine erste Regung zu versuchen; denn bei seinem großen Scharfblicke fürchtet er die Niederlage. Es ist unmöglich, daß ein Demütiger, wenn ihn der Teufel in dieser Beziehung versucht, in der Demut nicht erstarke und zunehme. Denn es ist klar, daß dabei die Seele auf ihr bisheriges Leben hinblicken und betrachten wird, wie wenig sie dem Herrn gedient hat im Vergleich mit dem, was sie ihm schuldig ist. Sie wird beherzigen, welche Erbarmung uns der Herr dadurch erwiesen hat, daß er sich zu uns herabgelassen, um uns ein Beispiel der Demut zu geben. Sie wird an ihre Sünden denken und an den Ort, den sie durch diese verdient hatte. Durch solche Erwägungen gewinnt die Seele so viel, daß der Teufel ein andermal nicht wiederzukommen wagt, um nicht mit zerschlagenem Kopfe abziehen zu müssen.
