1.
Es scheint mir, meine Schwestern, eine Unvollkommenheit zu sein, wenn wir immer über kleine Leiden klagen. Tut dies nicht, solange ihr sie ertragen könnt! Ist das Leiden groß, so beklagt es sich von selbst. Das ist dann ein anderes Klagen und tritt bald zutage. Bedenket, daß ihr nur wenige seid! Hätte da eine die Gewohnheit, immer gleich zu klagen, so würde dies, wenn ihr Liebe zueinander habt, hinreichen, alle zu betrüben. Ist eine ernstlich krank, so sage sie es und gebrauche die nötigen Mittel! Seid ihr frei von Eigenliebe, so wird euch jede Erleichterung so schwerfallen, daß nicht zu fürchten ist, ihr werdet sie ohne Not annehmen oder ohne Ursache klagen. Ist aber eine Notwendigkeit vorhanden, so wäre es viel schlimmer, wenn ihr dies nicht sagen würdet, als wenn ihr euch ohne Not eine Erleichterung gestatten wolltet; es wäre auch sehr unrecht, wenn man da kein Mitleid mit euch hätte. Doch um letzteres braucht ihr euch nicht zu kümmern; denn (in einem Kloster), wo Liebe herrscht und so wenige sich finden, da wird es euch nie an sorgfältiger Pflege fehlen.
