2.
Dir scheinen doch wohl auch die Evangelien für die Verheiratheten gegeben zu sein? Es steht ja bei dir fest, daß von uns Menschen ohne Ausnahme, mögen wir Mönche oder verheirathet sein, der Gehorsam gegen das Evangelium gefordert wird. Genug, wenn dem Verheiratheten seine Unenthaltsamkeit, seine Begierde nach dem weiblichen Geschlecht und sein Umgang mit demselben nachgesehen wird, die übrigen Gebote aber, die für Alle ohne Unterschied gegeben sind, werden nicht ohne Gefahr übertreten. Denn nicht allein sprach Christus, als er die Gebote seines Vaters verkündigte, zu denen, die in der Welt waren, sondern auch, wenn es sich traf, daß er besonders gefragt seinen Jüngern antwortete, bezeugte er: „Was ich aber euch sage, das sage ich Allen.“ 1 Daher werde nur nicht saumselig, du, der du die Gesellschaft eines Weibes gewählt hast, als stände es dir frei, dich mit der Welt zu befassen. Denn du hast größere Anstrengung und Wachsamkeit nothwendig, um S. 19 das Heil zu erlangen. Hast du dir doch mitten unter den Fallstricken und der Gewalt der aufrührerischen Mächte deine Wohnung gewählt, und die Reize der Sünden vor Augen, und werden bei Tag und bei Nacht alle deine Sinne zur Begierde nach ihnen aufgestachelt. Wisse also, daß du dem Kampf gegen den Abtrünnigen nicht entgehen, nicht den Sieg über ihn davon tragen wirst, ohne unter großen Anstrengungen die Lehren des Evangeliums zu beobachten. Denn wie willst du dich des Kampfes gegen den Feind erwehren, wenn du auf dem Kampfplatze weilst? Dieser Kampfplatz nun ist die ganze Erde unter dem Himmel, auf welcher, wie wir aus der Geschichte Jobs wissen, dieser sich wie ein wüthender Hund umhertreibt und umhergeht und sucht, wen er verschlinge. Willst du daher mit dem Gegner den Kampf nicht aufnehmen, so geh’ in eine andere Welt hinüber, in welcher er nicht ist; dort kannst du den Kampf mit ihm ausschlagen und in gefahrloser Muße die evangelischen Lehren beobachten. Ist Dieses aber nicht möglich, so spute dich, den Kampf gegen ihn zu lernen, und laß dich von den Schriften in der Kunst der Kämpfe unterrichten, damit du nicht aus Unwissenheit von ihm besiegt dem ewigen Feuer überliefert werdest. Dieses sei indessen im Vorübergeben für die Eheleute gesagt, die sich da sorglos über die Beobachtung der Gebote Christi hinwegsetzen. Du aber, der du nach himmlischen Grundsätzen leben und einen englischen Wandel führen und ein Mitstreiter der heiligen Schulen Christi werden möchtest, stähle dich für die Ertragung der Drangsale und tritt mannhaft in die Gesellschaft der Mönche ein, und zeige dich gleich im Anfange der Entsagung als Mann und laß dich nicht von der Neigung zu deinen fleischlichen Verwandten abhalten, sondern sei stark, da es sich ja darum handelt, das Sterbliche mit dem Unsterblichen zu vertauschen. Hast du aber einmal dem, was dir gehört, entsagt, so sei unbeugsam, da du ja überzeugt bist, es in den Himmel vorauszuschicken, indem du es in den Schooß der Armen niederlegst und es bei Gott mit großem Gewinne wieder findest. Daß S. 20 du dich von den Freunden und Verwandten trennst, dich nicht betrüben, vereinigst du dich doch mit Christus, der für dich gekreuzigt wurde; läßt sich denn etwas Liebenswürdigeres denken als er? Hast du aber mit dem Beistande Gottes in dem ersten Kampfe deinen Feind besiegt, so wirf dich nicht wie ein werthloses Gefäß fort. Denn schon durch die Entsagung der irdischen Dinge hast du dich bei Christum in Ehre gesetzt; nur mußt du mit Verstand und Umsicht dich nach einem Manne umsehen, der dich in deinem Wandel, mit Sicherheit leitet und die zu Gott Wandelnden trefflich zu führen versteht, geschmückt mit Tugenden, dessen Werk Zeugniß von seiner Liebe zu Gott ablegen, der göttlichen Schriften kundig ist, gesammelt, nicht das Geld liebt, frei von weltlichen Geschäften, ruhig, gottesfürchtig, ein Freund der Armen, nicht jähzornig, nicht rachsüchtig, immer bereit zur Erbauung derer, die zu ihm kommen, nicht ruhmbegierig, ohne Stolz, Schmeichlern unzugänglich, nicht wankelmüthig und Nichts höher achtend als Gott. Und findest du einen solchen, so gib dich ihm hin, wirf all deinem Willen von dir, damit du als ein reines Gefäß befunden werdest und das Gute, das in dich gelegt wird, zu deinem Lobe und Ruhme bewahrst. Denn lässest du, einen Fehler, die früher in dir waren, zurück, dann wird Gute, welches in dich gelegt wird, in Essig verwandelt und du wie ein unbrauchbares Gefäß hinausgeworfen werden.
Mark. 13, 37. ↩
