6.
Glaube meinen Worten, die aus einem brüderlichen Herzen kommen. Gehe zu den Alten, die nicht leicht zugänglich sind und mit salbungsvollen Reden und Sprüchen die Jünglinge zu tugendhaften Handlungen ermahnen, keineswegs aber durch ihr Angesicht schaden. „Mit aller S. 25 Wachsamkeit bewahre dein Herz.“ 1 Denn wie dem Golde unabläßig bei Tage und bei Nacht von den Dieben nachgetrachtet und es unvermuthet und ohne dein Wissen geraubt wird, ebenso siehe zu, daß dich der Feind nicht durch die Sünde des ersten Vaters verführe und dich schnell aus dem Paradiese der Wonne verstoße. Denn Derjenige, welcher durch den verstohlenen Genuß jener Speise Adam des Lebens beraubte und auch Jesus zu verführen dachte, wird sich um so weniger abhalten lassen, auch für dich die erste Ursache der Übel bereit zu halten, weil er weiß daß es ein wirksames Gift ist. Denn das Laster der Schlemmerei pflegt seine Kraft nicht in der Menge der Speisen, sondern in der Begierde und im Kosten und Zuschmecken zu haben. Ist nun schon die Begierde, nur ein wenig kosten zu dürfen, stark genug, dich in das Laster der Schlemmerei zu stürzen, so wird der Feind leichtes Spiel haben dich dem Tode zu überliefern. Denn wie das Wasser in viele Gräben zertheilt seiner Natur gemäß bewirkt, daß Alles um die Gräben grünt, ebenso wird auch das Laster der Schlemmerei, theilt es sich deinem Herzen mit, alle deine Sinne durchsickern, einen Wald der Bosheit in dir pflanzen und deine Seele zu einem Aufenthaltsorte wilder Thiere machen. Ich habe Viele, die von Leidenschaften beherrscht wurden, sich bessern sehen; aber darunter habe ich keinen heimlichen Fresser oder Schlemmer gesehen, sondern entweder gingen sie, von dem müssigen Leben losgerissen, in der Welt zu Grunde, oder sie suchten sich vor den Mäßigen zu verbergen und schloßen sich in ihrem Wohlleben an den Teufel. Denn Solche sind Lügner, schwören viel, sind meineidig, zanksüchtig, Schläger, Schreier, leugnen, daß sie gegessen haben, knechtisch, weichlich tadelsüchtig. Grübler, lieben die Finsterniß und widersetzen sich absichtlich jeder tugendhaften Lebensweise. Denn um das Laster der Schwelgerei zu verbergen, fallen sie in eine Menge von Schlechtigkeiten. S. 26 Dem Scheine nach gehören sie zu den Auserwählten, in der That aber zu den Verworfenen.
Sprüchw. 4, 23. ↩
