7.
1. Die Liebe ist also eine reine und Gottes würdige Sache, ihre Aufgabe aber ist die Mitteilung. „Sorge um Bildung ist Liebe (zu ihr)“, sagt die Weisheit, „Liebe aber ist die Beobachtung ihrer Gebote.“ 1 Diese Freuden tragen aber einen Antrieb zur Liebe in sich, der sich von dieser gewöhnlichen Speise hinweg an ewige Speise gewöhnt. Liebe ist also ein Gastmahl nicht, aber die Bewirtung soll auf Liebe beruhen.
2. „Denn es sollen“, so heißt es, „deine Söhne, die du lieb gewannst, Herr, lernen, daß nicht die gewachsenen Früchte den Menschen ernähren, sondern dein Wort die dir Vertrauenden erhält.“ 2 „Denn nicht von Brot wird der Gerechte leben.“ 3
3. Aber unsere Mahlzeit soll schlicht und einfach sein, geeignet, das Wachsein zu fördern, nicht eine Mischung von vielartigen Gerichten; auch sie soll der Aufsicht des Erziehers nicht entzogen sein. Denn „eine gute S. a15 Erzieherin der Jugend“ 4 zum Gemeinsinn ist die Liebe, die eine reiche Wegzehrung hat, nämlich die Auskömmlichkeit. Diese hat die Aufsicht über die in der richtigen Menge zugemessene Nahrung; damit versorgt sie den Körper in heilsamer Weise, und aus sich selbst teilt sie auch den Nächsten etwas zu; eine Lebensführung aber, die das auskömmliche Maß überschreitet, schädigt den Menschen, indem sie die Seele träge und den Körper für Krankheiten empfänglich macht.
4. Indessen zieht man sich durch die Genußsucht, die auf leckere Gerichte aus ist, auch den Vorwurf von allerhand üblen Eigenschaften zu, von Naschhaftigkeit, Gefräßigkeit, Schlemmerei, Unersättlichkeit, Völlerei. Diesen Bezeichnungen verwandt sind die Ausdrücke Fliegen und Wiesel und Schmeichler und Zweikämpfer und „das gemeine Volk von Schmarotzern“, 5 Leute, die für die Ergötzung ihres Magens die Vernunft oder die Freundschaft oder auch das Leben hingeben, die auf dem Bauche kriechen, Tiere in Menschengestalt, nach dem Vorbild ihres Vaters, des lüsternen Tieres. 6
5. Diejenigen, die ihnen zuerst den Namen ἄσωτοι (Schwelger) gaben, wiesen damit, wie mir scheint, auf ihr Ende hin, indem sie sie mit Weglassen des Buchstabens σ als ἄσωστοι (unrettbar verloren) bezeichnen wollten. Und sind denn diese Leute, die nur für die Kochgeschirre und für die abgeschmackte Wichtigtuerei mit leckeren Zutaten Zeit haben, 7 deren Denken nur auf Niedriges gerichtet ist, nicht wirklich „aus der Erde erzeugt“ 8 und kümmern sie sich nicht wirklich nur um das vergängliche Leben, als seien sie überzeugt, daß ihnen kein anderes Leben bevorsteht?
Weish. 6, 18. ↩
Ebd. 16, 26. ↩
Vgl. Deut. 8, 3 (Matth. 4, 4; Luk. 4,4) und Hab. 2, 4. ↩
Hom. Od. 9, 27. ↩
Parod. epic. gr. rel. rec. P. Brandt p. 113 Fr. dub. III; vgl. Hom. Il. 19, 30 f. ↩
Vgl. Gen. 3, 14; Joh. 8, 44. ↩
Vielleicht aus einem Dichter. ↩
Vgl. Hom. Hymn. in Ven. 108; Hymn. in Cer. 352. ↩
