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Da nun ein Friede und eine Harmonie unter allen Äonen innerhalb des Pleromas bestand, so wollten sie ihn1 (den Vater) nicht nur durch Verbindung verherrlicht haben, sondern ihn auch durch Darbringung entsprechender Früchte verherrlichen. Alle dreißig Äonen kamen daher überein, einen Äon hervorzubringen als gemeinsame Frucht des Pleromas, damit er ihrer Einheit und Einträchtigkeit und ihres Friedens Zeichen2 sei. Dieser ist als einziger von allen Äonen für den Vater hervorgebracht und wird von ihnen die gemeinsame Frucht des Pleromas genannt. Innerhalb des Pleromas verhielt es sich folgendermaßen. Es wurde die gemeinsame Frucht des Pleromas hervorgebracht, Jesus — dies ist nämlich sein Name —, der große Hohepriester. Die Sophia außerhalb des Pleromas suchte Christus, der sie gestaltet, und den heiligen Geist und geriet in große Furcht, daß sie zugrunde gehe, wenn der, der sie gestaltet und der sie gestärkt, von ihr sich trennte. Und sie ward traurig und geriet in große Bestürzung, da sie überdachte, wer ihr Gestalter sei, wer S. 169 der heilige Geist, wohin er gegangen, wer deren Anwesenheit verhinderte, wer wegen jenes schönen und seligen Schauspiels Neid gehegt habe. Von diesen Gefühlen erfüllt, geht sie daran, den, der sie verlassen, zu bitten und zu beschwören. Christus, der innerhalb des Pleromas sich befindet, und alle anderen Äonen erbarmten sich der Bittenden und schickten aus dem Pleroma die gemeinsame Frucht des Pleromas aus, als Gatten der außerhalb befindlichen Sophia und als Besserer der Leidenschaften, an denen sie, während sie nach Christus suchte, krankte. Die nun aus dem Pleroma hervorgekommene gemeinsame Frucht fand die Sophia in den ersten vier Gefühlen, in Furcht und Trauer und Bestürzung und Bitte, und besserte ihre Gefühle; dabei sah sie, daß es nicht gut wäre, diese Gefühle zu vernichten, da sie ewig und der Sophia eigentümlich seien, daß aber in diesen Gefühlen Weisheit (Sophia) nicht sei, in Furcht und Trauer, Beschwörung und Bestürzung. In seiner Eigenschaft als so großer Äon und als Produkt des ganzen Pleromas bewirkte er es, daß die Leidenschaften von ihr schieden und machte aus ihnen substantielle Wesen, aus der Furcht psychische Substanz, aus der Trauer stoffliche, aus der Bestürzung dämonische, aus der Hinneigung und der Bitte und der Beschwörung machte er die Umkehr und die Reue und die Kraft der psychischen Substanz, welche die rechte genannt wird. Der Demiurg (stammt) aus der Furcht; das ist es, behauptet er, was die Schrift sagt: „Der Anfang der Sophia (Weisheit) ist die Furcht Gottes“3. Diese war nämlich der Anfang der Leidenschaften der Sophia; sie geriet in Furcht, dann in Trauer, dann in Bestürzung, und so nahm sie zur Bitte und Beschwörung ihre Zuflucht. Die psychische Substanz ist feurig und wird von ihnen auch der Ort der Mitte und die Siebenzahl und der Alte der Tage genannt. Und was immer sie Derartiges hierüber sagen, das gilt von dem Psychischen, von dem sie behaupten, es sei der Demiurg der Welt; er ist aber aus Feuer. Auch Moses sagt: „Der Herr, dein Gott, ist brennendes S. 170 und verzehrendes Feuer“4. Nach Valentinus soll das in diesem Sinn geschrieben stehen. Zweifach aber ist die Macht des Feuers; es ist nämlich ein allverzehrendes Feuer, das nicht gelöscht werden kann.... Von dieser Seite ist die Seele (Psyche) sterblich, da sie Mitte ist; sie ist nämlich Siebenzahl und Ruhe; sie ist unterhalb der Achtzahl, wo die gestaltete Sophia und die gemeinsame Frucht des Pleromas ist, oberhalb der Materie aber, deren Demiurg sie ist. Wenn sie nun jenen oberen Wesen sich angleicht, der Achtzahl, so wird sie unsterblich und kommt in die Achtzahl, welche, wie er sagt, „das himmlische Jerusalem“5 ist; wenn sie sich aber der Materie, d. h, den materiellen Gefühlen angleicht, so wird sie vergänglich und geht zugrunde.
