7.
Wie die Wissenschaft der „Außenstehenden“1 (= Nichtchristen) lehrt, gibt es Feuerberge. Denn Feuer ist in ihnen. Darin gibt es Tiere, ähnlich den Schafen. Um sie zu fangen, machen die Jäger eiserne Räder und werfen und schleudern sie als Angeln ins Feuer. Denn jenen Tieren ist das Feuer Speise, ist das Feuer Trank, Erquickung, Wachstum und Leben. Für alles dient ihnen das Feuer. Sobald man sie aber in eine andere Atmosphäre bringt, gehen sie zugrunde. Ist ihre Bekleidung beschmutzt worden, so wird sie nicht im Wasser, sondern im Feuer gereinigt und sie wird noch reiner und weißer2. So haben auch die Christen jenes himmlische Feuer zur Speise. Es ist ihnen Erquickung, es reinigt, wäscht und heiligt ihr Herz. Es gibt ihnen Wachstum, es ist ihnen Luft und Leben. Verlassen sie es, so werden sie von den bösen Geistern3 getötet. Wie jene Tiere außerhalb des Feuers und die Fische außerhalb des Wassers sterben, wie die vierfüßigen Tiere, die ins Meer S. 118 geworfen werden, ersaufen, wie die Vögel, die sich auf der Erde niederlassen, von den Vogelstellern gefangen werden, so wird auch die Seele, so sie nicht in jenem Lande bleibt, ersäuft und geht zugrunde. Wenn sie nicht jenes göttliche Feuer als Speise, Trank und Gewand zur Reinigung des Herzens und Heiligung der Seele besitzt, so wird sie von den bösen Geistern ergriffen und getötet. Darum wollen wir eifrig danach trachten, daß wir in jenes unsichtbare Land gesät und in den himmlischen Weinberg gepflanzt werden. Preis seinem „(= Gottes) Erbarmen“4! Amen. 15. Homilie.
1 Tim. 3, 7. ↩
Stiglmayr (Sachliches und Sprachliches bei Makarius von Ägypten, Innsbruck 1912, S. 55 f.) hat die Quelle aufgefunden, aus der diese fabelhaften Angaben geflossen. Sie sind den Tiergeschichten des römischen Rhetors Aelian, der das Jahr 222 n. Chr. noch überlebte, entnommen. De nat. animalium II, 2 (ed. Hercher p. 33) heißt es: „Daß lebende Wesen auf den Bergen und in der Luft und im Meere erzeugt werden, ist kein großes Wunder . . . Das aber setzt in Staunen, daß es beflügelte Feuertiere gibt, die sog. πυρίγονα [pyrigona], und daß sie im Feuer leben und bestens gedeihen und hierhin und dorthin umherfliegen. Und auch noch darüber muß man sich wundern, daß sie, wenn sie außerhalb des Feuers, ihres nährenden Elementes, geraten und mit der kalten Luft in Berührung kommen, daselbst sterben. Die Ursache dessen, warum sie im Feuer erzeugt werden, in der freien Luft aber umkommen, mögen andere angeben.“ Aus diesen beiden Berichten ersieht man, wie sich die Vorstellung von den Feuertieren im Laufe der Zeit geändert hat. Bei Aelian sind sie geflügelt, bei „Makarius“ schafähnlich. ↩
Matth. 12, 45; Luk. 7, 21; 8, 2; 11, 26. ↩
Röm. 12, 1. ↩
