2.
Es bringe die Erde hervor die lebende Seele von zahmen, wilden und kriechenden Tieren1.” Betrachte, wie das Wort Gottes durch die Schöpfung läuft, wie es damals begonnen hat und noch jetzt wirksam ist und bis ans Ende walten wird, d. h. bis die Welt vergeht. Denn wie eine Kugel, die, einmal in Lauf gesetzt, an irgendeinem tieferen Punkte anlangt, dank ihrer eigenen Beschaffenheit2 und eines günstigen Terrains abwärts rollt und nicht eher still steht, als bis sie die Ebene erreicht hat, so durchläuft die Natur der Dinge, auf einen Befehl hin lebendig geworden, die Schöpfung gleichmäßig bei ihrem Entstehen und Vergehen und erhält die aufeinanderfolgenden Geschlechter in ihrer Gleichheit, bis sie selbst ihr Ende erreicht. Sie läßt ja aus dem Pferde wieder ein Pferd entstehen, aus dem Löwen einen Löwen, aus dem Adler einen Adler und sorgt für die Erhaltung des Tieres durch fortlaufende Abstammung bis zur Vollendung des Weltalls. Keine Zeit verdirbt oder vernichtet die Eigentümlichkeiten der Tiere, sondern die Natur läuft ewig jung, gleichsam erst entstanden, mit der Zeit weiter.
„Die Erde bringe hervor eine lebendige Seele.” Dieser Befehl haftet an der Erde, und sie hört nicht auf, dem Schöpfer zu dienen. Die einen Tiere danken ihr Dasein ihrer Abstammung von der älteren Generation, die andern erhalten, wie ersichtlich, auch jetzt noch ihr Leben von der Erde selbst. Denn nicht nur Zikaden bringt sie zur Regenzeit hervor und tausend andere Arten in der Luft schwärmender Tiere, von denen die meisten wegen ihrer Kleinheit namenlos sind, sondern sie bringt sogar Mäuse und Frösche aus ihrem Schöße hervor. Bei Theben in Ägypten wird, wenn es nach der Hitze heftig regnet, das Land mit Feldmäusen geradezu S. 142 überschwemmt3. Auch die Aale sehen wir nicht anders denn aus dem Schlamme entstehen4. Kein Ei noch sonst etwas besorgt ihre Fortpflanzung, vielmehr danken sie ihre Entstehung direkt der Erde. - „Die Erde bringe hervor eine lebendige Seele.” Die Tiere sind erdgeboren und zur Erde geneigt. Aber das himmlische Gewächs, der Mensch, zeichnet sich ebensosehr aus durch den Körperbau wie durch den Adel seiner Seele. Welche Gestalt haben die Vierfüßer? Ihr Kopf ist der Erde zugekehrt, sieht auf den Bauch und sucht auf jede Weise dessen Lust zu befriedigen. Dein Haupt ist dem Himmel zugewandt; deine Augen schauen nach oben. Sobald du dich aber einmal durch die Lüste des Fleisches entehrst und dem Bauche dienst sowie dem, was unter ihm ist, so „bist du gleichgeworden dem unvernünftigen Vieh und ihm ähnlich5”. Eine andere Sorge steht dir an, zu „suchen, was droben ist, wo Christus ist6”, und mit deinen Gedanken über dem Irdischen zu stehen. Wie du gestaltet bist7, so richte auch dein Leben ein! Dein Wandel sei im Himmel8! Deine wahre Heimat ist das himmlische Jerusalem. Deine Mitbürger und Heimatgenossen sind die Erstgebornen, „die in den Himmeln eingeschrieben sind9”.
