34.
Nach dem Tode Alexanders, des Königs von Mazedonien, zerfiel sein Reich in vier Herrschaften: in Babylonien, Mazedonien, Asien und Ägypten. Einer der Könige von Ägypten war Ptolemäus Philadelphus1, ein großer Freund der Wissenschaften, der überall Bücher sammelte. Dieser hatte von Demetrius aus Phaleron, seinem Bibliothekar, über die göttlichen Schriften des Gesetzes und der Propheten Kenntnis erhalten. Da er es nun für viel besser hielt, sich nicht mit Gewalt und S. 80 gegen den Willen der Eigentümer in den Besitz der Bücher zu setzen, sondern mit Geschenken und auf freundschaftlichem Wege ihre Eigentümer zu gewinnen, da er auch wußte, daß ein Buch, das mit Gewalt geholt und unfreiwillig gegeben wird, vielfach gefälscht werde, daß dagegen ein Buch, welches gern gegeben wird, ganz unverfälscht geschenkt werde, so sandte er dem damaligen Hohenpriester Eleazar zahlreiche Geschenke für den Tempel hier, in Jerusalem, und bewirkte, daß ihm von jedem der zwölf Stämme Israels je sechs Männer zur Übersetzung abgeschickt wurden. Um die Probe zu machen, ob die Bücher göttlich sind oder nicht, und um zu verhindern, daß die abgesandten Übersetzer miteinander verkehren, wies er sodann im sogenannten Pharus, nahe bei Alexandrien, jedem der angekommenen Übersetzer eine eigene Wohnung an und betraute jeden mit der Übersetzung der ganzen Schrift. Als sie in zweiundsiebzig Tagen die Aufgabe vollendet hatten, verglich Ptolemäus sämtliche Übersetzungen, welche sie in verschiedenen Wohnungen, ohne einander gesehen zu haben, fertiggestellt hatten, und fand, daß sie nicht nur in den Gedanken, sondern auch in den Worten übereinstimmten. Nicht ja handelte es sich um menschliches Produkt und sophistisches Machwerk, sondern in der Kraft des Hl. Geistes wurde die Übersetzung der göttlichen Schriften vollendet2.
Regierte 283―247. ↩
Diese legendhafte Erzählung über die Entstehung der Septuaginta kehrt in der altchristlichen Literatur öfter wieder (vgl. u. a. Justinus, Apol. I. 31; Ps. Justinus, Mahnrede an die Hellenen 13). Die Legende findet sich auch schon in dem sog. Aristeasbrief (herausgeg. von Mendelsohn-Wendland Lpz. 1900; übersetzt in Kautzsch, Apokr. u. Pseudepigr. des A. T. Tüb. 1900, II. S 1 ff.). ↩
