2. Indem jene Irrlehrer den freien Willen des Menschen zu hoch erheben, beseitigen sie die Gnade Gottes.
Dahin nemlich trachten Jene durch ihre verwerflichen Unterredungen, daß sie nicht durch Vertheidigung, sondern durch Erhebung vielmehr des freien Willens zu gotteslästerichem Hochmuthe die Gnade Gottes beseitigen, durch welche wirChristen sind, durch welche auch unser Wille die Freiheit erlangt, indem er von der Herrschaft der S. 132 fleischlichen Begierden befreit wird nach dem Worte des Herrn:1 „Wenn euch der Sohn frei gemacht hat, dann werdet ihr wahrhaft frei sein.„ Diese Hilfe erlangt der Glaube, welcher ist in Christus Jesus, unserm Herrn. Jene aber behaupten, wie wir von den Brüdern, welche deren Bücher gelesen, erfahren haben, die Gnade Gottes bestehe darin, daß er die Natur des Menschen so eingerichtet und erschaffen habe, daß sie durch ihren eigenen Willen das Gesetz Gottes erfüllen könne, sei es das von Natur aus in's Herz geschriebene oder das schriftlich gegebene. Dieses selbe Gesetz gehöre gleichfalls zur Gnade, weil es Gott den Menschen zur Unterstützung gegeben. Jene Gnade aber, durch welche wir, wie gesagt, Christen sind, deren Lehrer der Apostel ist, wenn er sagt:2 „Denn ich habe Lust am Gesetze Gottes dem inneren Menschen nach; ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, welches dem Gesetze meines Geistes widerstreitet und mich gefangen hält unter dem Gesetze der Sünde, das in meinen Gliedern ist. Ich unglücklicher Mensch. Wer wird mich befreien von dem Leibe dieses Todes? Die Gnade Gottes durch Jesus Christus, unsern Herrn,“ wollen sie durchaus nicht erkennen, wagen sie aber auch nicht offen abzustreiten.
