3. Theophilus, selbst von der Anklage noch nicht losgesprochen,verurtheilt gegen alles Recht den Chrysostomus und vertreibt ihn aus Kirche und Stadt.
Nachdem er Dieß gethan, schickte er1 (Gesandte an uns) und forderte uns vor Gericht, da er doch selbst von der (ihm zur Last gelegten) Schuld noch nicht freigesprochen S. 42 war, was gar sehr gegen die Canones und alle Gesetze verstieß. Wir jedoch, weil wir wohl wußten, daß wir nicht vor einem Gerichte erscheinen (denn sonst wären wir tausendmal gekommen), sondern vor einem Feinde und Gegner, wie es das Vorausgegangene und Folgende zeigte, schickten an ihn die Bischöfe Demetrius von Pisinuntis, Eleusius von Apamea, Lypicinius von Apiaria und die Priester Germanus und Severus, welche mit der uns geziemenden Bescheidenheit antworteten und erklärten, daß wir uns nicht dem Gerichte entziehen, sondern einem offenbaren Feinde und erklärten Gegner. Denn der, welcher noch vor Empfang der Klageschriften und von allem Anfange an Solches gethan, sich selbst von der Kirche ferngehalten, von der Gemeinschaft, vom Gebete, Ankläger warb, den Klerus an sich zog und die Kirchen verödete, wie könnte ein Solcher als gerechter (Richter) einen Thron besteigen, der ihm doch keineswegs gebührt? Denn es ist doch gewiß nicht in der Ordnung, daß der, welcher aus Ägypten ist, Diejenigen richte, welche in Thracien sind, der überdieß selbst einer Anklage unterworfen, ein Feind und Gegner ist? Er aber achtete auf alles Dieses nicht, sondern da er, was er einmal beschlossen hatte, auch durchzusetzen sich beeilte, konnte er sich nicht mehr zurückhalten, obwohl wir erklärten, daß wir bereit seien, uns in Gegenwart von hundert, ja tausend Bischöfen wegen unserer Verbrechen zu rechtfertigen und zu beweisen, daß wir unschuldig sind, wie wir es auch wirklich sind; vielmehr, obwohl wir abwesend waren und eine Synode verlangten und ein Gericht begehrten, da wir uns einem Verhöre nicht entzogen, sondern einer offenbaren Feindschaft, nahm er Ankläger auf und sprach die von mir Gebundenen2 frei, nahm von Jenen selbst, welche von ihren Anklagen noch nicht freigesprochen waren, Klagschriften an und verfertigte Acten, was alles gegen das Gesetz S. 43 und die Ordnung der Canones war. Wozu aber brauche ich noch Viel zu sagen? Er ließ nicht ab, zu arbeiten und zu hetzen, bis er uns mit Gewalt und aller Eigenmächtigkeit aus der Stadt und der Kirche hinausgeworfen hatte. Am späten Abend also, unter Begleitung des ganzen Volkes werde ich mitten in der Stadt von dem Curiosus3 der Stadt geschleppt, mit Gewalt hinweggeführt, auf dasSchiff geworfen und schiffte bei Nacht ab, weil ich eine Synode Behufs eines gerechten Verhöres forderte.4 Wer könnte, selbst wenn er ein Herz von Stein hätte, Dieß hören, ohne Thränen zu vergießen?
Palladius erzählt, daß Theophilus drei Mitglieder jener berüchtigten Synode „zur Eiche“ an Chrysostomus abgesandt habe, welche diesem das sehr lakonische Schreiben derselben überreichten; vgl. Hefele II. S. 92. ↩
Παρ‘ ἐμοῦ δεδεμένους, nach einigen Handschr.: γενομένους ἀκοινθνήτους, die von mir Ausgeschlossenen. ↩
Griechisch κυριωσοῦ oder κουριοσσοῦ; im Cod. Theodos. ist der 29. tit. des lib. „de curiosis“ überschrieben und wird ihnen, die auch curagendarii und stationarii daselbst heissen, im 1.Gesetze (des Constantius v. J. 355) die eigenmächtige, ohne vorangegangene Meldung bei der Gerichtsbehörde vorgenommene Arretirung von Personen verboten; sie waren also Polizeibeamte und hatten zugleich die Staatsfuhrwerke zu besorgen und zu beaufsichtigen. ↩
Chrysostomus wurde damals zunächst nach der Stadt Pränetos in Bithynien überschifft, wo dann weiter über ihn verfügt werden sollte. ↩
