5. Chrysostomus berichtet über die bei seiner zweiten Verbannung am Charsamstage in der Kirche verübten Gräuelthaten.
Wie aber könnte ich die damaligen Vorgänge schildern, welche jedes Trauerspiel überbieten, wie mit Worten es beschreiben, welches Ohr ohne Schaudern es vernehmen? Denn als wir uns eben über das, was wir vorher sagten, verbreiteten, drang plötzlich eine Schaar Soldaten am großen Samstage selbst,1 da der Tag sich schon dem Abend zuneigte, in die Kirchen ein, trieb den ganzen mit uns versammelten Klerus gewaltsam hinaus und umzingelte den Altar mit Waffen; die Frauen aber, welche sich am Taufbrunnen des Gotteshauses gerade um diese Zeit entkleidet hatten, flohen nackt davon aus Furcht vor diesem furchtbaren Überfalle und weil man ihnen, ohne auf die den Frauen geziemende Schamhaftigkeit Rücksicht zu nehmen, nicht gestattete, sich anzukleiden; viele von ihnen wurden, nachdem sie Wunden erhalten, hinausgeworfen und die Taufbecken mit Blut angefüllt und die heiligen Quellen mit solchem Blute geröthet. Aber noch war hiemit das Unheil nicht abgeschlossen, sondern dort, wo das Heiligthum aufbewahrt war, sahen die eingedrungenen Soldaten, von denen einige, wie wir hörten, nicht getauft waren, Alles, was S. 47 innen war, und das heiligste Blut Christi ergoß sich, wie bei einem solchen Auflaufe, über die Kleider der Soldaten; und Alles geschah wie bei einer Gefangennehmung von Barbaren. Das Volk wurde in die Wüste hinausgetrieben, und die ganze Gemeinde lebte ausserhalb der Stadt; die Kirchen aber waren an einem solchen Festtage leer, und mehr als 40 Bischöfe, die mit uns Gemeinschaft hielten, wurden mit dem Volke ohne Grund und für Nichts hinausgetrieben. Überall Wehklagen und Seufzer und Jammer und Weinen und Thränenströme, auf den Straßen, in den Häusern, in den Einöden, und alle Theile der Stadt waren von diesem Unheile erfüllt. Denn ob der Größe der Ungerechtigkeit trauerten nicht bloß die Leidenden, sondern auch Jene, die Nichts zu ertragen hatten, mit uns, nicht nur, die eines Glaubens mit uns waren. sondern auch die Häretiker und Juden und Heiden, und als ob die Stadt mit Gewalt erobert worden wäre, so war Alles von Lärm, Verwirrung und Wehklage erfüllt. Und alles Dieß geschah gegen den Willen des gottesfürchtigsten Kaisers, bei Einbruch der Nacht, auf Anstiften von Bischöfen. die häufig auch die Anführer machten und sich nicht schämten, Heerführer statt der Diakonen vor sich einhergehen zu haben. Als es Tag wurde, zog die ganze Stadt ausserhalb der Mauern und feierte in Wäldern und Schluchten, zerstreuten Schafen gleich, den Festtag.
Der Charsamstag fiel damals auf den 16. April. ↩
