3. Kapitel (9—10). Fulgentius erlangt nur mit Mühe Aufnahme in das von Bischof Faustus gegründete Kloster
Damals lebte ein berühmter Bischof, Faustus1 mit Namen, der wegen des katholischen Glaubens nicht fern von seinem Bischofssitz verbannt worden war. Gegen viele Bischöfe nämlich hatte die listige Bosheit des tyrannischen Verfolgers Hunerich diese Anordnung getroffen, daß sie in unmittelbarer Nähe ihrer Heimat die Unbequemlichkeit der Fremde ertragen sollten, um sie so leicht zur Verleugnung Gottes zu verleiten. An dem Orte seiner Verbannung nun hatte er ein Kloster erbaut, in dem er ein geistliches Leben führte und bei allen Christen in hohem Ansehen stand. Zu ihm nun kam der heilige Fulgentius — denn er war gut mit ihm bekannt — voll freudigen Eifers und offenbarte ihm vertrauensvoll den Wunsch seines Herzens. Da aber jener wußte, daß Fulgentius ein ganz weltliches Leben geführt habe, trug er Bedenken, seinen Versprechungen Glauben zu schenken. Er sprach zu ihm: „Mein Sohn, warum lügst du, um dich zu freuen über die Täuschung der Diener Gottes? Du wolltest Mönch werden und die alte Gewöhnung an deine Vergnügungen so schnell ändern, daß dir die nachlässige Zubereitung geringerer Speisen und der Gebrauch gröberer Kleider keine Schwierigkeiten machte? Die erste Forderung ist die, daß du wenigstens als Laie ein minder üppiges Leben führst, und dann will ich es vielleicht glauben, daß du den Willen und die Kraft hast, der Welt
Als der selige Greis diese Worte hörte, hielt er es für eine sehr schwere Verantwortung, seine Bitten noch länger zurückzuweisen, und ließ sich schließlich dazu herbei, ihm zu willfahren. „Bleibe bei uns, lieber Sohn„, sagte er, „wie es dein Wunsch ist! Wir wollen es einige Tage versuchen, ob die Taten mit deinen Worten übereinstimmen. Möge meine Befürchtung überflüssig sein und dein Vorsatz sich als standhaft bewähren!“
Nachdem also der heilige Bischof Faustus seine Bitten erfüllt hatte, verbreitete sich sofort unter Verwandten und Bekannten die Nachricht, Fulgentius sei Mönch geworden. Die Guten wünschten ihm Glück, die Bösen waren bestürzt. Einige ließ sein in weltlichen Freuden verbrachtes Leben an der Durchführung seines Entschlusses zweifeln, andere hofften wegen ihrer genauen Kenntnis seines einzigartigen Charakters auf einen großen und schnellen Fortschritt. Einige seiner Bekannten aber, denen er von Jugend auf ein lieber und treuer Freund gewesen war, wünschten sein gutes Beispiel nachzuahmen; auch sie verachteten die Welt und schlössen sich unter Verzicht auf ihren eigenen Willen der klösterlichen Gemeinschaft an. S. 60
Faustus gehörte zu den 107 Bischöfen der Byzacena, die sich auf Befehl des Königs im Jahre 484 zum Religionsgespräch in Karthago versammelt hatten. Nach dem erfolglosen Ergebnis dieses Gesprächs war Faustus von Hunerich in die Umgebung seiner bischöflichen Residenz Praesidium Diolele (heute Hr Somaa), südlich von Telepte, verbannt worden. Dort hatte er das Kloster gegründet, in welches Fulgentius eintrat. ↩
