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Summe der Theologie
Erster Artikel. Gott ist vollkommen.
a) „Vollkommen sein;“ — das scheint von Gott nicht ausgesagt werden zu können; I. weil Er der Schöpfer ist; denn „volllommen“ heißt nichts anderes, als bis zum „voll“, bis zur Fülle kommen. Dies kommt aber nur der Kreatur zu, daß sie sich immer mehr entwickle; — ll. weil Gott das erste Sein ist. Denn das erste, wovon die Dinge beginnen, ist immer klein und gering, niemals vollkommen, wie z. B. der Same von Pflanze und Tier. Gott aber ist das erste Sein, wovon alles seinen Anfang genommen. Also ist er nicht vollkommen; III. weil sein Wesen sein Sein ist. Das Sein aber erscheint als das unvollkommenste von allem. Denn es wird von allen Dingen ausgesagt und erhält von allen Seiten her weitere Bestimmungen, die es bethätigen und vollenden. Auf der anderen Seite sagt der Heiland: „Seid vollkommen, wie euer himmlische Vater vollkommen ist.“ (Matth. 5. 48.)
b) Ich antworte, daß, wie Aristoteles etzählt (12. Metaph.), einige alte Philosophen, z. B. manche Pythagoräer und Leucippus, dem ersten Princip die höchste Vollkommenheit und die größte Güte nivht zuschrieben. Der Grund davon liegt darin, daß diese Philosophen zum Gegenstande ihrer Forschung nur das Materialprincip der Dinge machten; jenes Princip nämlich, welches die Möglichkeit enthält oder ist, um etwas zu werden; wie der Marmor z. B. für das Standbild der stoffliche oder Materialgrund ist. Dieses Princip muß allerdings im höchsten Grade unvollkommen sein. Denn da der Stoff als solcher nur eine Möglichkeit enthält, um etwas zu sein und da erst durch das Einwirken von außen her in der thatsächlichen Wirklichkeit er etwas wird, so muß der Urstoff, also das erste Materialprincip, im höchsten Grade Möglichkeit enthalten; er darf nur im Möglichsein bestehen. Denn aus ihm kann alles Stoffliche werden, also trägt er an sich, in seiner Natur, keine bestimmte Thatsächlichkeit, und ist somit, da nur jenes vollkommen ist, was thatsächliches Sein und soweit es solches hat, durchaus und nach allen Seiten hin unvolllommen d. h. unvollendet. Gott aber ist nicht das erste Materialprincip, sondern die erste wirkende Ursache. Als solche aber muß Er im höchsten Grade vollendet sein. Denn sowie der Stoff als solcher ein Möglichsein ist, um zu werden; so ist das Sein, welches einwirkt, wirklich oder thatsächlich. Daher muß das erste wirkende Princip im höchsten Grade thatsächlich sein und damit auch im höchsten Grade vollendet. Demgemäß nämlich wird etwas vollkommen oder vollendet genannt, wenn es Alles das thatsächlich und in Wirklichkeit hat, was ihm nach seiner besonderen Seinsweise zukömmt.
c) l. Auf den ersten Einwurf antwortet Gregor der Große (moral. 26.): „Stammelnd, wie wir können, preisen wir die Erhabenheit Gottes: denn was nicht geendet ist, das kann im eigentlichen Sinne vollendet nicht genannt werden.“ Diese Bezeichnungen „vollkommen“, „vollendet“, drücken allerdings das Gewollte an und für sich nicht aus. Aber da jenes vollendet genannt wird, was früher im Zustande des Vermögens war, um etwas zu sein und nun gemäß seinem Vermögen thatsächliche Wirkchkeit hat, d. h. das nun besitzt, was es besitzen konnte; so drücken wir mit dieser Bezeichnung aus, daß Gott thatsächlich nichts fehlt, was Er besitzen kann. II. Das Materialprincip, welches bei uns immer als mit Unvollkommenheit ausgestattet gefunden wird, kann nicht ohne weiteres das durchaus erste Princip sein. Ihm muß vorangehen etwas Vollkommenes. So geht dem Samen als dem Materialprincip für die Wanze oder das Tier, als Princip, von dem er selber ausgeht, vorher eine Pflanze oder ein Tier. Denn vor allem jenem, was bloß möglich ist etwas zu werden, muß etwas thatsächlich Wirkliches bestehen; da nichts, was bloß möglich ist, aus sich selber heraus in die Wirklichkeit übergeht. III. Der dritte Einwurf geht von einem falschen Princip aus. Das Sein selber ist überall vollkommen; es ist überall das, was in jedem Dinge am meisten vollkommen ist. Denn es ist im Verhältnisse zu allem anderen bestimmend, bethätigend. Nichts nämlich ist in bestimmter, thatsächlicher Weise als insoweit es existiert oder Sein hat. Deshalb ist das Sein selber an sich, nämlich die wirkliche Existenz eines Dinges, nichts anderes als die bethätigende Kraft und die Thatsächlichkeit für alle innerhalb dieses Dinges bestimmende Formen. Es ist deshalb nicht empfangend, sondern bethätigend; nicht bestimmbar, sondern in letzter Linie bestimmend; nicht verlangend und möglich, sondern gebend und der Grund, daß etwas als „wirklich“ bezeichnet wird. Denn wenn ich sage: das Sein des Menschen, das Sein des Pferdes oder das Sein irgend welchen Dinges; so bezeichne ich mit dem „Sein“ das bestimmende und empfangene Moment; nicht aber das Wesen oder den Zustand, dem es zukommt, zu sein; wovon also das Sein als bethätigendes, verwirklichendes Moment aufgenommen worden ist.
Edition
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Summa theologiae
Articulus 1
Iª q. 4 a. 1 arg. 1
Ad primum sic proceditur. Videtur quod esse perfectum non conveniat Deo. Perfectum enim dicitur quasi totaliter factum. Sed Deo non convenit esse factum. Ergo nec esse perfectum.
Iª q. 4 a. 1 arg. 2
Praeterea, Deus est primum rerum principium. Sed principia rerum videntur esse imperfecta, semen enim est principium animalium et plantarum. Ergo Deus est imperfectus.
Iª q. 4 a. 1 arg. 3
Praeterea, ostensum est supra quod essentia Dei est ipsum esse. Sed ipsum esse videtur esse imperfectissimum, cum sit communissimum, et recipiens omnium additiones. Ergo Deus est imperfectus.
Iª q. 4 a. 1 s. c.
Sed contra est quod dicitur Matt. V, estote perfecti, sicut et pater vester caelestis perfectus est.
Iª q. 4 a. 1 co.
Respondeo dicendum quod, sicut philosophus narrat in XII Metaphys., quidam antiqui philosophi, scilicet Pythagorici et Speusippus, non attribuerunt optimum et perfectissimum primo principio. Cuius ratio est, quia philosophi antiqui consideraverunt principium materiale tantum, primum autem principium materiale imperfectissimum est. Cum enim materia, inquantum huiusmodi, sit in potentia, oportet quod primum principium materiale sit maxime in potentia; et ita maxime imperfectum. Deus autem ponitur primum principium, non materiale, sed in genere causae efficientis, et hoc oportet esse perfectissimum. Sicut enim materia, inquantum huiusmodi, est in potentia; ita agens, inquantum huiusmodi, est in actu. Unde primum principium activum oportet maxime esse in actu, et per consequens maxime esse perfectum. Secundum hoc enim dicitur aliquid esse perfectum, secundum quod est actu, nam perfectum dicitur, cui nihil deest secundum modum suae perfectionis.
Iª q. 4 a. 1 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod, sicut dicit Gregorius, balbutiendo ut possumus, excelsa Dei resonamus, quod enim factum non est, perfectum proprie dici non potest. Sed quia in his quae fiunt, tunc dicitur esse aliquid perfectum, cum de potentia educitur in actum; transumitur hoc nomen perfectum ad significandum omne illud cui non deest esse in actu, sive hoc habeat per modum factionis, sive non.
Iª q. 4 a. 1 ad 2
Ad secundum dicendum quod principium materiale, quod apud nos imperfectum invenitur, non potest esse simpliciter primum, sed praeceditur ab alio perfecto. Nam semen, licet sit principium animalis generati ex semine, tamen habet ante se animal vel plantam unde deciditur. Oportet enim ante id quod est in potentia, esse aliquid actu, cum ens in potentia non reducatur in actum, nisi per aliquod ens in actu.
Iª q. 4 a. 1 ad 3
Ad tertium dicendum quod ipsum esse est perfectissimum omnium, comparatur enim ad omnia ut actus. Nihil enim habet actualitatem, nisi inquantum est, unde ipsum esse est actualitas omnium rerum, et etiam ipsarum formarum. Unde non comparatur ad alia sicut recipiens ad receptum, sed magis sicut receptum ad recipiens. Cum enim dico esse hominis, vel equi, vel cuiuscumque alterius, ipsum esse consideratur ut formale et receptum, non autem ut illud cui competit esse.