Fünfter Artikel. Die Thätigkeiten anderer sind ebenfalls Ursache unseres Ergötzens.
a) Dem gegenüber ist geltend zu machen: I. Ursache des Ergötzens ist ein mit dem Sich-Ergötzenden verbundenes Gut. Die Thätigkeit anderer aber ist nicht mit uns verbunden. II. Jede Thätigkeit ist ein dem Thätigseienden eigenes Gut. Ist also die Thätigkeit anderer die Ursache unseres Ergötzens, so würde dies aus dem gleichen Grund alles Jenes sein, was an Gütern und Vorzügen anderen eigen ist; was offenbar falsch ist. III. Die Thätigkeit ergötzt, weil sie aus einem uns innewohnenden oder eingeborenen Zustande hervorgeht; weshalb es 2 Ethic. 3. heißt: „Als Zeichen daß in uns ein Zustand thatsächlich erzeugt worden, muß man das Ergötzen betrachten, welches man an dem entsprechenden Thätigsein hat.“ Die Thätigkeiten anderer aber gehen nicht hervor aus Zuständen, die in uns sind. Also sind sie nicht für uns etwas Ergötzliches. Auf der anderen Seite steht bei 2. Joh. 4.: „Gefreut habe ich mich sehr, weil ich gefunden, daß deine Söhne in der Wahrheit wandeln.“
b) Ich antworte, zum Ergötzen gehöre zweierlei: 1. die Erreichung des begehrten Gutes; und 2. die Erkenntnis davon, daß man es erreicht hat. In dreifacher Weise also kann die Thätigkeit eines anderen Ursache sein für unser Ergötzen: einmal, weil die Thätigkeit anderer uns beisteht, um ein Gut zu erreichen; und danach, insofern die Thätigkeit anderer uns Gutes bringt, ist sie Gegenstand des Ergötzens für uns, weil es ergötzlich ist, einen guten Eindruck von einem anderen her zu erhalten. Dann, weil kraft der Thätigkeit anderer in uns eine Erkenntnis oder eine Wertschätzung eigener Vorzüge bewirkt wird; und danach freuen wir uns, wenn wir von anderen gelobt oder geehrt werden, denn wir empfangen dadurch eine Wertschätzung “des eigenen Guten. Und weil diese Wertschätzung einen höheren Grad hat, wenn weise und tugendhafte Menschen uns ehren und loben; freuen wir uns mehr über deren Lob. Weil also der Schmeichler dem Anscheine nach lobt, ergötzen sich manche am Lobe von Schmeichlern. Und weil nur etwas Gutes geliebt und etwas Großes bewundert wird, ergötzen wir uns, wenn wir von anderen geliebt und bewundert werden. Endlich ist die Thätigkeit anderer Quelle unseres Ergötzens, weil eine solche Thätigkeit selber, ist sie überhaupt gut, auf Grund der Liebe erachtet wird wie ein eigenes Gut; denn die Liebe lehrt, den Freund gleich einem anderen Selbst zu betrachten. Und auf Grund des Hasses, der gebietet, das Gute des anderen wie ein Übel der eigenen Person zu betrachten, wird die schlechte Thätigkeit des Feindes dann auch ihrerseits Gegenstand des Ergötzens nach 1. Kor. 13.: „Die Liebe freut sich nicht über die Bosheit; freut sich aber an der Wahrheit.“
c) I. Die Thätigkeit des anderen ist mit mir verbunden entweder auf Grund des Gewirkten, wie in der erstgenannten Weise; oder auf Grund der Auffassung, wie in der zweitgenannten; oder auf Grund der Hinneigung, wie in der letztgenannten. II. Dieser Einwurf betrifft nur die letztgenannte Art und Weise; nicht die beiden anderen. III. Die Thätigkeit anderer geht zwar nicht von Zuständen in uns aus, verursacht aber für mich etwas Ergötzliches, wie auseinandergesetzt.
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