Siebenter Artikel. Die Hoffnung ist Ursache der Liebe.
a) Das Gegenteil sagt: I. Augustin (14. de civ. Dei 7.): „Die erste Hinneigung der Seele ist die Liebe.“ II. Das Verlangen geht ebenso der Hoffnung vorher; und dem Verlangen wieder die Liebe. III. Die Hoffnung verursacht Ergötzen. (Kap. 32, Art. 3.) Das Ergötzen aber richtet sich auf das Geliebte. Also die Liebe geht auch von dieser Seite her der Hoffnung voraus. Auf der anderen Seite sagt die Glosse zu Matth. 1, 2.: „Abraham zeugte Isaak, Isaak aber Jakob: nämlich der Glaube zeugt die Hoffnung; die Hoffnung zeugt die Liebe.“ Also ist die Liebe verursacht von der Hoffnung.
b) Ich antworte; die Hoffnung berücksichtige zweierlei: 1. das gehoffte; zwar mit Schwierigkeiten verbundene, aber mögliche Gut. Und da dieses Gut manchmal möglich wird zu erreichen durch die Hilfe anderer, deshalb wird von der Vernunft auch Jenes berücksichtigt, durch dessen Beistand etwas möglich wird zu erreichen. Insofern also die Hoffnung auf das gehoffte Gut sich richtet, wird sie durch die Liebe verursacht; denn dieses Gut ist nur erhofft, weil man danach verlangt und es liebt. Insofern aber die Hoffnung auf jenen sich richtet, durch dessen Beistand etwas uns möglich wird, wird die Liebe von der Hoffnung verursacht und nicht umgekehrt. Denn auf Grund dessen daß wir hoffen, es werde uns durch ihn das betreffende Gut zufließen, bewegen wir uns zu ihm hin, wie zu unserem eigenen Gute; und beginnen, ihn zu lieben. Daraus aber daß wir jemanden lieben, leitet sich nicht Hoffnung auf ihn ab außer etwa nebenbei, inwiefern wir hoffen, von ihm wieder geliebt zu werden. Sonach bewirkt der Umstand, daß wir von jemandem geliebt werden, dies in uns, daß wir auf ihn hoffen; daß wir aber ihn lieben, das wird verursacht durch die Hoffnung, die wir auf ihn setzen.
c) Damit sind die Einwürfe widerlegt.
