Dritter Artikel. Die Wahl richtet sich nur auf das Zweckdienliche, nicht auf den Zweck.
a) Dementgegen steht: I. Die Stelle bei Aristoteles (6 Ethic. 12.): „Die Wahl ist eine rechte, wenn die Tugend ihr Gegenstand ist. Was aber um der Tugend willen geschieht, das gehört nicht der Tugend, sondern einem anderen Vermögen oder Zustande an.“ Um dessentwillen nun etwas geschieht, ist Zweck; und nicht zweckdienlich. Also der Zweck ist Gegenstand der Wahl. II. Kraft der Wahl wird eines dem anderen vorgezogen. Ebenso aber wie im Bereiche des Zweckdienlichen eines vorzüglicher gefunden wird wie das andere, so auch kann unter verschiedenen Zwecken der eine dem anderen voranstehen. Also kann das Wählen sich auch auf den Zweck richten. Auf der anderen Seite sagt Aristoteles (3 Ethic. 2.): „Der Wille oder das einfache Wollen richtet sich auf den Zweck; die Auswahl auf das Zweckdienliche.“
b) Ich antworte, daß, wie bereits gesagt, die Auswahl folge dem Spruche oder dem Schlußurteile, das da auf der nämlichen Stufe steht wie die Schlußfolgerung eines auf Thätigsein zielenden Syllogismus. Jenes also fällt unter die Wahl, was sich wie die Schlußfolgerung verhält im Syllogismus. Der Zweck aber verhält sich im Bereiche des Thätigseins wie das Princip oder der Anfang; und nicht wie der Schluß. Also fällt der Zweck als solcher keineswegs unter die Wahl. Gleichwie jedoch im Bereiche des reinen Denkens nichts dem entgegensteht, daß dasjenige, was Schlußfolgerung in der einen Beweisführung oder in der einen Wissenschaft ist, Princip sei in der anderen Beweisführung oder in einer andern Wissenschaft; gleichwie da nur das allererste unbeweisbare Princip nicht als Schlußfolgerung dastehen kann irgend einer Beweisführung und irgend welchen Wissenschaft; — so trifft es sich auch im Bereiche des Thätigseins. Was für eine Art von Thätigkeiten Zweck ist und so nicht unter die Auswahl fällt, das kann für eine andere Art von Thätigkeiten Mittel zum Zweck, zweckdienlich und so Gegenstand des Wählens sein. So z. B. ist für den Arzt die Gesundheit Zweck seiner Thätigkeit und nach dieser Seite hin ist sie nicht Gegenstand einer Auswahl, sondern sie ist da Princip; von ihr geht er aus in der Wahl der zukömmlichen Heilmittel. Die körperliche Gesundheit aber hat wieder ihrerseits Beziehung zum Wohle der Seele als zu ihrem Zwecke. Wer also für das Heil der Seele zu sorgen hat, für den kann es unter die Wahl fallen, ob es für das Wohl der Seele besser sei, krank oder gesund zu sein. Denn der Apostel (2. Kor. 12.) sagt: „Wenn ich krank bin, da bin ich stark.“ Nur der letzte Zweck also kann in keiner Weise unter die Wahl fallen.
c) I. Die den Tugenden eigenen Zweckrichtungen haben Beziehung zur Seligkeit als zu dem letzten Endzwecke; und danach kann auf sie die Wahl sich richten. Für II. gilt dasselbe.
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