3.
Der Leib empfindet eine außerordentliche Wonne und die Seele eine große Befriedigung. Die Seele ist darüber, sich allein an der Quelle zu sehen, so erfreut, daß sie schon gesättigt ist, ehe sie noch davon getrunken hat; sie meint, es bliebe ihr nichts mehr zu wünschen übrig. Ihre Kräfte befinden sich in einer solchen Ruhe, daß sie sich nicht regen möchten, da alles die Seele in ihrer Liebe zu stören scheint. Sie sind jedoch nicht so verloren, daß sie nicht an den denken könnten, in dessen Nähe sie sich befinden; denn zwei Kräfte (Verstand und Gedächtnis) sind frei. Der Wille jedoch ist gefangen, und wenn etwas in dieser Zeit ihn betrüben kann, so ist es der Gedanke, daß er wieder zu seiner Freiheit zurückkehren muß. Der Verstand möchte nur eines erkennen und das Gedächtnis sich nur mit einem beschäftigen; denn sie sehen, daß dies das allein Notwendige ist, während alles übrige sie nur beunruhigt. Die Seelen, die sich in diesem Zustande befinden, wünschen nicht, daß ihr Leib sich bewege, weil sie fürchten, dadurch den Frieden zu verlieren, den sie genießen; deshalb wagen sie auch nicht, sich zu rühren. Das Sprechen kommt sie hart an, und um das Vaterunser auch nur einmal zu beten, brauchen sie eine Stunde. Sie fühlen sich so nahe (bei Gott), daß sie sehen, wie Gott und sie sich schon durch ein Zeichen miteinander verstehen. Im Palaste neben ihrem König stehend, werden sie inne, wie er schon hienieden ihnen sein Reich zu geben beginnt. Sie meinen, nicht mehr in der Welt zu sein, und wünschen nichts zu sehen und zu hören als ihren Gott. Nichts schmerzt sie hier, und es scheint ihnen, als könne es gar nie mehr einen Schmerz für sie geben. Kurz, solange dieser Zustand währt, sind sie in einen solchen Strom von Seligkeit und Wonne versenkt, daß es ihnen gar nicht einfällt, sich noch etwas anderes zu wünschen. Mit dem heiligen Petrus möchten sie gerne sprechen: »Herr, hier wollen wir drei Hütten bauen!«
