8.
Oftmals werdet ihr euch bei diesem Gebet außerstande sehen, den Verstand und das Gedächtnis zu beherrschen; darum, meine Freundinnen, beachtet wohl auch den folgenden Rat! Es kommt nämlich vor, daß der Verstand (oder die Einbildungskraft), während die Seele in tiefster Ruhe ist, so unstet umherirrt, daß es ihm scheint, als geschähen alle diese Vorgänge nicht in seinem Hause. Es ist, als ob er nur als Gast in einem fremden Hause wäre und sich nach anderen Wohnungen umsähe; es sagt ihm die Ruhe der Seele nicht zu, da er sich auf die Dauer nicht stillezuhalten weiß. Indes ist dies vielleicht nur bei mir der Fall, während es anderen nicht so ergehen mag. Ich spreche daher nur von mir, und da sage ich, daß ich manchmal zu sterben wünschte, weil ich diesem unsteten Wesen des Verstandes nicht abhelfen konnte. Manchmal wieder scheint er sich ruhig zu verhalten in seinem Hause, indem er dem Willen Gesellschaft leistet, so daß es eine wahre Seligkeit ist, wenn alle drei Kräfte einig sind. Sie sind dann wie zwei Eheleute, die einander liebhaben und von denen der eine Teil dasselbe will wie der andere. Ist aber der Mann unzufrieden in seiner Ehe, so wird man sehen, welche Unruhe er seinem Weibe verursacht. Wenn daher der Wille sich in Ruhe sieht, so achte er auf den Verstand nicht mehr als auf einen Narren! Denn wollte er ihn an sich ziehen, so müßte er sich anstrengen und sich wenigstens in etwa beunruhigen. Es wäre dann dieses ganze Gebet eine mühsame Arbeit, die keinen anderen Gewinn brächte, als daß der Wille das, was der Herr ihm ohne all sein Bemühen gibt, verlieren würde.
