9.
Merkt euch auch das folgende Gleichnis, das mir gut zu passen scheint! Im Gebete der Ruhe ist die Seele einem Säugling gleich, der an der Brust seiner Mutter liegt und dem diese, ohne daß er auch nur die Lippen bewegt, die Milch in den Mund träufeln läßt, um ihn zu erquicken. So ist es auch hier. Ohne daß der Verstand dabei mitwirkt, beschäftigt sich der Wille mit Lieben. Der Herr will, daß der Wille ohne Mitwirkung des Verstandes seine Gegenwart erkenne und die Milch, die ihm Seine Majestät gleichsam in den Mund gießt, hinabschlucke und an ihrer Süßigkeit sich labe. Er soll nur erkennen, daß der Herr ihm diese Gnade erweist, und sich an ihrem Genusse erfreuen; aber er soll nicht zu erkennen verlangen, wie er diese Gnade genießt und was das ist, was er genießt, sondern unbekümmert um sich selbst sein; denn der bei ihm ist, wird nicht unterlassen, für das zu sorgen, was ihm nützlich ist. Vergebens würde sich der Wille hier mit dem Verstande in einen Kampf einlassen, um ihn an sich zu ziehen und seines Genusses teilhaftig zu machen; vielmehr würde er unvermeidlich die Milch aus dem Mund verschütten und die göttliche Nahrung verlieren.
