8. Cap. Er hat sogar bei der Erlangung des Seelenheils in hervorragender Weise Anteil.
Dies ist es, was ich gleichsam auf Grund der allgemeinen Gesetze des menschlichen Daseins zu gunsten des Leibes beibringen wollte. Sehen wir nun nach, welch grosse Vorzüge diese gebrechliche und unreine Substanz besonders auf Grund der dem christlichen Bekenntnisse eigentümlichen Gesetze bei Gott hat. Es dürfte schon genügen, dass überhaupt keine Seele ihr Heil erlangen kann, als wenn sie, so lange sie im Fleische wohnte, gläubig war. Also ist der Leib der Angelpunkt des Seelenheils. Und wenn die Seele Gottes Eigentum wird, so ist es der Leib, welcher bewirkt, dass sie es werden kann. Denn der Leib ist es, der abgewaschen wird, damit die Seele von ihren Flecken gereinigt werde; der Leib wird gesalbt, damit die Seele geheiligt werde.1 Der Leib wird bezeichnet, damit die Seele befestigt werde; der Leib wird durch die Handauflegung beschattet, damit die Seele durch den Geist erleuchtet werde.2 Der Leib geniesst das Fleisch und das Blut Christi, damit die Seele aus Gott genährt werde.
Was also bei der Arbeit verbunden ist, das kann bei der Belohnung nicht getrennt werden. Denn auch die Gott wohlgefälligen Opfer, ich meine die Kasteiungen der Seele, das Fasten, sowohl das eigentliche Fasten als auch die Xerophagien und die sonstigen Zeichen von Trauer, welche zu diesem Dienste gehören, sie alle stellt der Leib auf seine Kosten allein an. Auch der Wohlgeruch der Jungfräulichkeit und Witwenschaft, sowie der bloss angenommene Schein einer Ehe, der im verborgenen sittsam ist, und dass man sich mit der bloss einmaligen Kenntnis derselben genügen lässt, — alle diese Opfer werden Gott von den Gütern des Leibes dargebracht.
Endlich, was urteilst du wohl über den Leib, wenn er, wegen der Treue für sein Bekenntnis in die Öffentlichkeit geschleppt und dem S. 432 allgemeinen Hasse preisgegeben seinen Kampf kämpft, wenn er in Kerkern hinschmachtet in schmählicher Entbehrung des Tageslichtes, im Mangel an allem Nötigen, in schmutziger, unsauberer und schimpflicher Lebensweise, nicht einmal während des Schlafes frei, weil er sogar auf der Lagerstätte gefesselt bleibt und von der Streu zerstochen wird, wenn er dann gar am hellen Tage durch angewandte Martern aller Art zerfleischt und endlich von den Todesqualen aufgerieben wird, sich sehnend, für Christus zu sterben, wie dieser für ihn gestorben ist, und zwar oftmals sogar an demselben Kreuze, um von noch grässlicheren, ausgesuchten Todesstrafen zu schweigen? Nein, über das glückselige und höchst ruhmwürdige Fleisch, das imstande ist, bei Christus, dem Herrn, für eine solche Schuld aufzukommen, so dass es ihm nur insofern noch etwas schuldig bleibt, dass es sein Schuldner zu sein aufgehört hat, und dies mehr im gefesselten Zustande als in der Freiheit!
