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Ferner frage ich: Wann wird das, was wir zu Speis’ und Trank erdacht und mit dem übermütigen Reichtum über Bedürfnis zum Dienste des undankbaren und nichts behaltenden Bauches ersonnen haben, wann wird das unser, auch wenn beständig dazugeschöpft wird? Kaum hat ja das Genossene beim Durchgange dem Gaumen eine kurze Lust bereitet, dann können wir es als etwas Überflüssiges und Belästigendes schon nicht mehr ertragen und entfernen es schleunigst, wie wenn wir in die größte Lebensgefahr kämen, wenn es länger in den Eingeweiden bliebe. Die Übersättigung hat ja schon vielen den Tod gebracht und war schuld daran, daß sie nichts mehr genießen konnten. Unzüchtige Beilager und unkeusche Umarmungen und alle Werke einer tollen, maßlosen Sinnlichkeit, sind sie nicht oft der Ruin für die Natur und deren augenscheinliche Schädigung? Sind sie nicht ein Verlust oder doch eine Schwächung der einem jeden wahrhaft eigenen Gaben und Kräfte, da der Leib durch den Geschlechtsverkehr geschwächt und der besten und zur Ernährung der Glieder geeignetsten Säfte beraubt wird? Daher überkommt denn auch einen jeden, der den unreinen Lüsten frönte, unmittelbar nach der Tat eine bittere Reue ob seiner Unenthaltsamkeit: wenn nämlich der Stachel des Fleisches abgestumpft ist und nach Befriedigung des abscheulichen S. 349 Verlangens der Verstand kommt und wie nach einem Rausche oder einem Sturme Zeit gewinnt, zu bedenken, wohin es mit ihm gekommen. Denn er merkt, daß sein Leib schwächer und zu den nötigen Arbeiten träge und ganz schlaff geworden ist. Das haben denn auch die Jugenderzieher eingesehen und für die Übungsplätze das Gesetz der Enthaltsamkeit aufgestellt, das die Körper der Jünglinge vor Sinnenlust bewahren und ihnen während des Kampfes nicht einmal den Anblick schöner Gestalten gestatten sollte, wenn sie ihr Haupt bekränzt sehen wollten, weil die Unenthaltsamkeit beim Ringen Gelächter, nicht aber einen Siegeskranz eintrage.
