23.
1. Wegen der damit verbundenen Gefahr des Fallens ist es also gut, vorher aufzuhören. Ein gewisser Artorios 1 spricht, wie ich mich erinnere, in seiner Schrift über langes Leben die Meinung aus, daß man, um sich ein längeres Leben zu verschaffen, im Trinken nur so weit gehen dürfe, daß die Speisen gerade angefeuchtet werden. Es ist also angemessen, daß die einen den Wein nur ihrer Gesundheit wegen als eine Art Arznei genießen, die andern aber zur Erholung und Erheiterung.
2. Denn zuerst bewirkt der Wein, daß der Trinkende sich selbst mehr als früher eine Freude gönnt 2 und freundlicher gegen die Gäste und milder gegen die Diener und gütiger gegen die Freunde wird; wenn der S. a33 Wein aber beim Trinken mißbraucht wird, so vergilt er die ihm widerfahrene Schmach. Denn da der Wein warm ist und süße Säfte enthält, so löst er in der richtigen Mischung durch seine Wärme die zähen Bestandteile der Ausscheidungsstoffe auf und vermischt die scharfen und schlechten Säfte mit den wohlriechenden.
3. Trefflich ist ja jenes Wort gesagt: „Als Ergötzung für Seele und Herz ist der Wein von Anfang an geschaffen, wenn er mit Maß getrunken wird.“ 3 Am besten ist es, wenn man den Wein mit möglichst viel Wasser mischt und so seine berauschende Wirkung lähmt, und wenn man ihn nicht aus Trunksucht wie Wasser hineinschüttet. Denn beides ist von Gott geschaffen, und deshalb trägt die Mischung von beidem, von Wasser und Wein, zur Gesundheit bei; denn aus dem Notwendigen und Nützlichen besteht das Leben. 4
M. Artorius Asklepiades war Arzt zur Zeit des Octavianus, mit dem er befreundet war. Zu der Stelle aus seiner Schrift vgl. Leutsch, Comm. de Viol. ab Arsenio comp. cod. arch. Part. III, Göttingen 1859, p. 22 Nr. 85 a. ↩
Vgl. Platon, Gesetze I p. 649 A. ↩
Sir. 34 (31), 27 f. ↩
Vgl. Just. Ep. ad Zen. et Ser. 12. ↩
