120.
1. Deshalb graben Ameisen nach Gold und bewachen Greife Gold 1 und hat das Meer die Perle verborgen. Ihr aber kümmert euch um Dinge, um die ihr euch nicht kümmern solltet. Siehe, der ganze Himmel steht offen da, und ihr sucht Gott nicht; nach dem verborgenen Gold aber und den Edelsteinen graben bei uns die zum Tod verurteilten Verbrecher.
2. Aber ihr handelt auch der Schrift zuwider, da sie ausdrücklich sagt: „Trachtet zuerst nach dem Himmelreich, und dies alles wird euch obendrein gegeben werden.“2 Wenn euch aber auch alles geschenkt und wenn euch alles zugestanden ist und wenn „uns alles erlaubt ist“, sagt der Apostel, „so ist aber doch nicht alles zuträglich“.3
3. Gott hat aber unser Geschlecht zu enger Gemeinschaft geschaffen, indem er selbst zuerst Anteil an dem Seinigen gab und allen Menschen gemeinsam seinen eigenen Logos zu Hilfe sandte, nachdem er alles für alle geschaffen hatte. Alle Dinge sind daher gemeinsames Eigentum,4 und die Reichen sollen für sich nicht mehr in Anspruch nehmen als die anderen.
4. Das Wort also: „Es steht nur zur Verfügung, und ich habe es im Überfluß, warum sollte ich es nicht genießen?“ ist eines Menschen nicht würdig und kein Zeichen der engen Gemeinschaft; dagegen würde mehr liebevolle Gesinnung das Wort verraten: S. a127 „Es steht mir zur Verfügung; warum sollte ich davon nicht denen mitteilen, die es nötig haben?“' Denn ein solcher Mensch, der das Gebot erfüllt hat: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“,5 der ist vollkommen.
5. Dies ist der wahre Genuß; dies ist der als Schatz aufbewahrte Reichtum; was man dagegen für seine törichten Begierden ausgibt, ist nur als Verlust, nicht als Verwendung anzusehen. Denn Gott hat uns, wie ich wohl weiß, das Recht gegeben, das Vorhandene zu benützen, aber nur so weit es nötig ist; und sein Wille ist, daß die Benützung allen gemeinsam sei.
6. Es ist aber verkehrt, wenn ein einzelner im Überfluß lebt und viele in Not sind.6 Denn wie viel rühmlicher ist es, vielen wohlzutun, als prunkvoll zu wohnen! Und wie viel verständiger ist es, sein Vermögen auf Menschen als auf Edelsteine und Gold zu verwenden! Und wie viel nützlicher ist es, mit Sittsamkeit geschmückte Freunde als leblosen Schmuck7 zu besitzen! Und wem könnte Grundbesitz so viel nützen wie das Erweisen von Freundlichkeit?8
Vgl. Paid. III 26, 2; Herodot III 102; 116; IV 13, 27; Megasthenes Fr. 39 FHG II p. 434; Fr. 39, 40 Schwanbeck; R. Hennig, Rhein. Mus. N. F. 79 (1930) S. 326—332. ↩
Matth. 6, 33; Luk. 12, 31. ↩
1 Kor. 10, 23. ↩
Vgl. Protr. 122, 3. ↩
Matth. 19, 19; 22, 39; Mark. 12, 31; Luk. 10, 27; Röm. 13, 9; Gal. 5, 14; Jak. 2, 8 (Lev. 19, 18). ↩
Vgl. Kock, Hermes 21 (1886) S. 381 und CAF III p. 453 Adesp. 244. ↩
Clemens spielt hier und 121, 2 mit der Doppelbedeutung von κόσμος. ↩
Vgl. Muson. rell. p. 108, 14—109, 8. ↩
