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1. Wir müssen aber auch noch jenen Einwand widerlegen: „Wem soll denn das Kostbare gehören, wenn alle das Wohlfeile bevorzugen?“ Darauf würde ich erwidern: Den Menschen, wenn sie es benützen, ohne ihr Herz daran zu hängen und ohne es dem anderen vorzuziehen. Wenn es aber nicht möglich ist, daß alle bescheiden und anspruchslos sind, so muß man doch auch bei der Beschaffung des Notwendigen nur nach dem verlangen, was leicht zu beschaffen ist, und diese überflüssigen Dinge weit von sich weisen.
2. Man muß also überhaupt die Verwendung von Schmuck als Mädchentand verwerfen, wie man auch die ganze Welt S. a127 von sich weisen muß. Denn die Frauen sollen in ihrem Innern geschmückt sein und die Frau in ihrem Innern als schön eweisen. Den allein in der Seele wird die Schönheit und die Häßlichkeit offenbar.
3. Deshalb ist auch allein der Tugendhafte in Wahrheit schön und gut und allein das Schöne wird als gut erklärt: „und die Tugend nur wird auch in einem schönen Körper offenbar.“1 und ist wie eine Blume, die den Leib schmückt; damit zeigt sie, wie liebenswert die Schönheit der Sittsamkeit ist, wenn die tugendhafte Gesinnung wie ein Licht über der körperlichen Erscheinung aufleuchtet.
4. Denn die Schönheit jeder Pflanze und jedes lebenden Wesens liegt in der Eigenschaft, die jedem einzelnen vorzugsweise zu eigen ist;2 die den Menschen auszeichnende Eigenschaft ist aber Gerechtigkeit und Besonnenheit und Tapferkeit und Frömmigkeit.3 Schön ist also der gerechte und besonnene und überhaupt der gute Mensch, nicht der reiche.
5. Jetzt wollen aber auch die Soldaten mit Gold geschmückt sein, da sie nicht einmal jenes Dichterwort gelesen haben: „Er, der mit goldenem Schmuck in den Kampf zog gleichwie ein Mädchen Törichten Sinns.“4
