6.
Mit dem Worte bändige ich die Ausgelassenheit, beruhige ich den verzehrenden Neid, stille ich den das Herz einschnürenden Schmerz, mäßige ich die Sinneslust, schränke ich den Haß, nicht aber die Liebe ein; denn der Haß braucht seine Schranken, die Liebe aber darf keine Grenzen kennen. Das Wort macht mich im Reichtum mäßig, in der Armut hochherzig. Es überredet mich, mit guten Läufern zu laufen und dem Fallenden die Hand zu reichen, mit dem Kranken zu leiden und mich mit dem Gesunden zu freuen. Begleitet mich das Wort, dann ist mir Vaterland und Fremde ein und dasselbe, und örtliche Veränderungen in der Fremde sind mir egal, nicht allerdings eine Verbannung aus der Heimat. Das Wort trennt mir die Welten; es entfremdet mich der einen und befreundet mich der anderen. Mit der Peitsche der Gerechtigkeit in der Rechten treibt S. 197 mich das Wort, wenn ich mich nicht aufraffe, weiter1 und spannt noch die Hoffnung, die nicht zuschanden werden läßt, vor, um die Gegenwart durch die Zukunft zu erleichtern. Nunmehr begrüße ich durch das Wort meine Freunde und Brüder und bereite ihnen den Tisch des Logos und den nie sich leerenden Becher des Geistes, welche man nicht an irdischen Tafeln, die einen entkräfteten, unheilbaren Magen kitzeln, kennt.
Hier sind in den Texten noch die Worte beigefügt: κἂν τοῖς ἀριστεροῖς καὶ τραχυτέροις συμφιλοσοϕεῖ [kan tois aristerois kai trachyterois symphilosophei]. ↩
