12.
Gerade die gleiche Gotteslehre ist es, welche die wahren Gotteskinder zu einen vermag, während nichts so sehr Trennungen begünstigt, wie verschiedene Anschauungen über Gott. Mag einer in anderen Fragen noch so sehr seine Würde bewahren, wenn es sich aber um theologische handelt, wird er hitzig. Der Sanftmütige wird tatsächlich streitsüchtig1, wenn er sieht, wie er durch Gottes Langmut benachteiligt wird; eigentlich allerdings benachteiligt er durch sein Fallen Gott, der doch reich ist für uns und uns reich macht. Wie schon gesagt, bewahrten wir trotz der Spaltung so viel Ruhe, daß mehr das Einigende als das Trennende zutage trat und das, was unter uns bestand, gegenüber dem Guten und Rechten, das uns umgab, verschwinden mußte. Da Friedensbereitschaft allein noch nicht zur Herstellung der Ordnung genügt, da auch das Wort mit eingreifen, und Gott, der alles Gute beginnen läßt und S. 202 zu Ende führt, helfen muß, so wollen wir durch Gebete und durch Aufklärungen dem Frieden Kraft und Dauer verleihen. Erwägen wir vor allem, daß Gott das schönste und höchste der Wesen ist, sofern nicht einer Gott noch über das Wesen erheben oder alles Sein in ihn, der es den Geschöpfen gegeben hat, verlegen will. Sodann ist all das, was zunächst aus Gott ist und Gott umgibt, nämlich die englischen und himmlischen Kräfte, welche zuerst vom ersten Lichte empfangen und welche vom Worte der Wahrheit durchdrungen werden, Licht und Abglanz des vollkommenen Lichtes. Nicht zu streiten und sich nicht zu widersetzen, ist ihnen vor allem eigen. In Gott gibt es nämlich keine Auflehnung, da es in ihm keine Zerstörung gibt; denn Auflehnung gebiert Zerstörung. Eintracht ist Gott und dem, was zunächst von Gott ist, so sehr eigen, daß Gott nebst den übrigen und vor den übrigen Namen, deren er sich erfreut, auch mit diesem Vorzug bezeichnet wird. Gott läßt sich Friede, Liebe u. dgl. nennen, um uns durch diese Bezeichnungen zu mahnen, diesen seinen Vorzügen nachzustreben.
Vgl. Joel 3, 11. ↩
