§ IV Die gebührende Ordnung. Die Unmenschlichkeit des Demophilos
Du nun bestimme selbst der Begierde, dem Mut und der Vernunft, was einem jeden zukommt, Dir aber [bestimmen es] die Diakone, diesen die Priester, den Priestern die Bischöfe und den Bischöfen die Apostel und Nachfolger der Apostel. Und wenn irgendwo einer unter ihnen vom Geziemenden abirren sollte, wird er von den Heiligen seines Standes zurechtgewiesen werden, und es werden nicht die verschiedenen Stände durcheinandergewürfelt werden, sondern jeder wird in seinem Stande und in seinem Dienst bleiben. Dies habe ich Dir gesagt, damit Du weißt und tust, was Dir zukommt. Was aber die Unmenschlichkeit gegen den Mann betrifft, der – wie Du sagst – ein Gottloser und Frevler ist, so weiß ich nicht, wie ich die Betrübnis (σύντριμμα = contritio) meines Geliebten beweinen soll. Denn als wessen Diener glaubst Du von uns aufgestellt zu sein? Wenn nicht als dieses höchsten Gutes Diener, dann bist Du wahrhaftig uns und unserm ganzen Gottesdienst notwendig fremd; und es ist Zeit, daß Du Dir einen [andern] Gott und andere Priester suchst und bei ihnen nicht so sehr eingeweiht wirst als verwildert und ein unerbittlicher Diener Deiner Freundin, der Unmenschlichkeit, (wirst). Sind denn wir zu vollkommener Heiligkeit vollendet und bedürfen für uns der göttlichen Menschenfreundlichkeit nicht mehr? Oder begehen wir doppelte Sünde, wie die Hl. Schrift sagt, nach der Weise der Gottlosen, indem wir nicht wissen, worin wir gefehlt haben, sondern uns selbst rechtfertigen, und zu sehen glauben, obwohl wir in Wahrheit nicht sehen? Darüber geriet der Himmel außer sich, und ich entsetzte mich und kann mir selbst kaum glauben. Glaube mir, wenn ich Deinen Brief nicht gelesen hätte (o hätte ich es doch nicht getan!), so hätten mich andere nicht davon überzeugen können, wenn sie es gewollt hätten, daß Demophilos glaube, der über alles gute Gott sei nicht auch menschenfreundlich und er selbst bedürfe des Erbarmenden und Erlösenden nicht. Ja, er verwirft die Priester, die es ihrer würdig hielten, die Unwissenheit des Volkes zu ertragen, wohl wissend, daß auch ihnen Schwäche anhaftet. Doch der urgöttliche Heiligvollender ist einen anderen Weg gegangen, denn er war einerseits, wie die Hl. Schrift sagt, von den Sündern abgesondert, andererseits machte er es zum Beweis der Liebe zu Ihm, den Schafen die mildeste Hirtensorge zu widmen. Und nichtswürdig nennt er den, der seinem Mitknecht nicht die Schuld erläßt und ihm keinen Bruchteil der Güte erweisen will, die ihm selbst in aller Fülle gewährt wurde; mit Recht wird ihm zuteil, was ihm gebührt, und das müssen auch Demophilos und ich fürchten. Denn Er bat selbst für die, die gegen ihn frevelten, noch im Leiden den Vater um Vergebung, Seine Jünger aber schalt Er, weil sie Ihn ohne Mitleid baten, die Samariter, die Ihn vertrieben, für ihre Gottlosigkeit zu verurteilen. Das aber wiederholst Du tausendmal in Deinem dreisten Brief und versicherst es wieder und wieder, Du hättest nicht Dich selbst, sondern Gott gerächt. Durch Schlechtigkeit, sage mir, den Guten?
