§ II Unwürdige Priester
Wie?, sagst Du, muß man denn nicht gottlose Priester oder solche, die man auf einer andern Verkehrtheit ertappt hat, zurechtweisen, und wird es denen allein, die sich im Gesetz rühmen, erlaubt sein, durch Übertretung des Gesetzes Gottes Ehre zu kränken? Und wie sind die Priester Ausleger Gottes? Wie verkünden sie denn dem Volk die göttlichen Tugenden, da sie deren Kraft nicht erkennen? Oder wie werden die erleuchten, die in der Dunkelheit sind? Wie werden die den göttlichen Geist mitteilen, die nicht in der Tat und Wahrheit (ἕξει καὶ ἀληϑείᾳ) an den Heiligen Geist glauben? Darauf werde ich Dir selbst antworten; denn Demophilos ist nicht mein Feind, noch werde ich dulden, daß Satan Dich umgarnt. Denn die Ordnungen, die um Gott sind, sind um so göttlicher, je weiter sie entfernt sind; und zugleich heller leuchtend und lichtreicher (φωτεινότερα καὶ φωτιστικότερα) sind, die sich dem wahren Licht mehr nähern. Du sollst aber die Nähe nicht im Sinne des Ortes verstehen, sondern im Sinne der Fähigkeit, Gott aufzunehmen. Wenn nun der Priesterstand die Kraft zu erleuchten hat, so ist der, der nicht Licht verleihen kann, vom Priesterstand und der priesterlichen Kraft gänzlich abgefallen; um so mehr der, der [selbst] nicht erleuchtet ist. Und ich für meinen Teil halte einen solchen Menschen für sehr verwegen, wenn er sich priesterliche Amtsleistungen anmaßt und sich weder fürchtet noch schämt, göttlichen Dingen über sein Vermögen hinaus nachzujagen, und wenn er meint, wessen er sich selbst bewußt sei, das bleibe Gott verborgen, und wenn er Den zu täuschen glaubt, den er mit falschem Namen Vater nennt; und wenn er es wagt, seine frevelhaften Lästerworte (denn Gebete möchte ich sie nicht nennen) über die göttlichen Symbole nach Christi Art auszusprechen. Das ist kein Priester, nein, sondern ein Feind, ein Arglistiger, einer, der sich selbst betrügt, und ein Wolf, der sich gegen das Volk Gottes mit einem Schafsfell ausgerüstet hat.
