§ V Die Milde des Guten Hirten. Los der Guten und Bösen
Weg damit! Wir haben keinen Hohenpriester, der nicht mitempfinden könnte mit unserer Schwäche, sondern – selbst schuldlos – ist Er barmherzig. Er wird nicht streiten noch schreien; Er selbst ist milde und ist auch die Versöhnung für unsere Sünden. Darum werden wir Deine keineswegs beneidenswerten Angriffe durchaus nicht billigen, wenn Du auch tausendmal Pinchas und Elias anführst: Denn die Jünger, die damals noch keinen Anteil am guten Geist hatten, gefielen Jesus nicht, als Er dies [von ihnen] hörte. Und auch unser göttlicher Lehrer in der Heiligkeit (ἱεροϑέτης) belehrt in Milde die Gegner der Lehre Gottes; denn es ziemt sich, die Unwissenden zu belehren, nicht zu züchtigen, wie wir ja auch die Blinden nicht bestrafen, sondern an der Hand führen. Du aber hast dem Mann, der gerade anfing, am Licht aufzuatmen, eins hinter die Ohren versetzt und ihn zurückgetrieben, und als er mit großer Scheu hinzutrat, ihn dreist verjagt! (schauderhaft ist das!) – ihn, den Christus, weil Er gütig ist, aufsucht, wenn er in den Bergen herumirrt, zurückruft, wenn er flieht, und auf Seine Schultern hebt, wenn Er ihn endlich gefunden hat. Ich bitte Dich, so schlecht wollen wir nicht für uns selbst sorgen und nicht das Schwert auf uns selbst lenken: Wenn man nämlich bestrebt ist, andern Schaden zuzufügen oder im Gegenteil Wohltaten zu erweisen, aber was man wollte, ihnen gegenüber nicht zur Ausführung bringt, so zieht man sich doch bei sich selbst Schlechtigkeit oder Güte zu und wird entweder von göttlichen Tugenden oder ungezähmten Leidenschaften erfüllt. Und die einen werden als Gefolgsleute und Weggenossen der guten Engel hier und dort in allem Frieden und frei von allen Übeln für alle Ewigkeit die seligsten Anteile erlosen und immer bei Gott sein: das größte aller Güter; die andern aber, die zugleich den Frieden mit Gott und mit sich selbst preisgaben, werden hier wie nach dem Tode bei den schrecklichen Dämonen sein. Darum müssen wir uns alle Mühe geben, zu dem guten Gott zu gelangen und immer bei dem Herrn zu sein und nicht mit den Bösen durch Gottes höchst gerechtes Gericht abgesondert zu werden und auf Grund eigner Schuld das uns Gebührende zu erleiden – das fürchte ich am meisten von allem und wünsche von allem Schlechten frei zu sein. Wenn es Dir recht ist, will ich auch noch das göttliche Gesicht eines heiligen Mannes erwähnen, und lache nicht, denn ich werde die Wahrheit sprechen (etwas Wahres erzählen.)
