XX. Kapitel: Von Stephanus, einem Presbyter der Provinz Valeria, dem der Teufel die Schuhe auszog
Einige, die jetzt bei uns sich aufhalten, bezeugen das Ereignis, das ich erzählen will. Ein Mann von verehrungswürdigem Wandel namens Stephanus, ein sehr naher Anverwandter unseres hiesigen Diakons und Kirchenverwalters Bonifatius, war Presbyter in der Provinz Valeria. Er kehrte eines Tages von der Reise heim und sagte, sich in der Rede gehen lassend, zu seinem Diener: „Komm her, Teufel, und ziehe mir die Schuhe aus!” Auf dies Wort hin lösten sich plötzlich die S. 148 Schuhriemen mit größter Geschwindigkeit und es war klar, daß der Teufel, der zum Schuhausziehen gerufen wurde, selbst Folge leistete. So wie der Presbyter dies sah, erschrak er heftig und fing mit lauter Stimme zu rufen an: „Fort, Elender, fort! Denn ich habe nicht mit dir, sondern mit meinem Diener gesprochen!” Auf dieses Wort hin wich er, und die Riemen, die schon zum großen Teil aufgelöst waren, blieben so, wie sie waren. Diesem Vorfall kann man entnehmen, wie sehr der Urfeind unseren Gedanken nachstellt, wenn er schon so zu äußeren Handlungen zur Stelle ist.
Petrus. Es ist sehr mühsam und schrecklich, immer vor den Nachstellungen des Feindes auf der Hut sein und ohne Unterlaß sozusagen im Kampf stehen zu müssen.
Gregorius. Es wird nicht mühsam sein, wenn wir das Wachen nicht uns, sondern der göttlichen Gnade zuteilen, jedoch so, daß auch wir selbst, soviel wir können, unter ihrem Schutz wachen. Wenn aber einmal der Anfang mit der Vertreibung des Urfeindes aus der Seele gemacht ist, so fügt es der gütige Gott meist so, daß man ihn nicht nur nicht zu fürchten hat, sondern daß er selbst in Schrecken gerät vor der Tugendkraft solcher, die ein gutes Leben führen.