8.
Setzen wir den Fall, der ja oftmal vorkommt, daß ein Fest der verschiedenen Religionen auf denselben Tag fällt, an dem du die Kirche, er die Tempel besuchen soll. Wie wird nun jedes die Vorbereitungen auf sein Opfer treffen? Mit welchen Mitteln? Mit welchen Gefäßen? Mit welchen Dienern? Aber auch in dem Fall, daß diese Dinge gesondert geschehen, nützt es nichts. Denn sie gehen von einem Punkt aus, kehren an einen Punkt zurück und werden, wenn auch nicht durch Vermengung, so doch in der Verbindung mit dem Irrtum eins. Und was S. 109 soll man dazu sagen, daß sein Opfer ein öffentliches ist, deines ein geheimes? Sein Opfer kann von jedermann frei vollzogen werden, das deinige darf nicht einmal von Christen selbst, die noch nicht die Weihe empfangen, ohne Sakrileg geschaut werden.1 Schließlich ist es ein erbärmliches Leben, wo die Frau nicht tun darf, was der Mann haben will, wo du voraussetzen mußt, daß er dich nichts tun läßt, wenn er nicht vorher seine Anordnungen fertig hat. Und geschieht das nicht oder findet das Geschehene nicht seinen Beifall, dann hallt das ganze Haus von seinem Streiten, dann wird Gott gelästert; und vielleicht packt er das Gefäß mit deinem Opfer,2 stößt dich damit auf die Brust, entstellt dir das Gesicht und erweist dir so zuweilen noch einen Gefallen, wenn er dir verbietet, in die Kirche zu gehen. Und doch ist es noch viel schlimmer, wenn du deinem Mann zu Gefallen bist; denn einem sakrilegischen Menschen kann man ohne Sakrileg nicht gefallen. Um es kurz zu machen: Sicher kommt einmal dein Mann vom Tempel nach Hause und erzählt dir notgedrungen, wie die Antworten der Götter auf seine Fragen über euer beiderseitiges Wohl und Zusammenleben ausgefallen sind. Lauten sie schreckenerregend, so wirst du vielleicht in Bestürzung und Furcht, während er selbst untätig bleibt, den Göttern unerlaubte Gelübde darbringen, was ja allerdings auch schon viele getan, die unter gläubigen Ehemännern standen, die noch schlechter waren, nicht Schülerinnen von Eva, sondern Lehrmeister innen; denn Eva hat sich dem Teufel hingegeben, weil sie getäuscht war, diese taten es freiwillig. Sind aber die Antworten friedlich und glückverheißend, so S. 110 freust du dich sicher darüber und du wirst ihm für solche große Botschaft als willfährige Gattin den Kuß, wenn nicht anbieten, so doch nicht verweigern.
Anspielung auf Arkandisziplin und Katechumenatspraxis. ↩
Im christlichen Altertum war es vielfach üblich, daß die Eucharistie mit nach Hause gegeben wurde. Die Sitte erwähnt schon Tertullian (ad uxor II, 5), sie ist auch durch Ambrosius, Basilius, Hieronymus, Augustinus u. a. bezeugt, bestand im Abendland bis zum Ausgang des Altertums, erhielt sich im Morgenlande bis in das 10. Jahrhundert. Die Aufbewahrung erfolgte wohl in Tüchern oder hölzernen Gefäßen. ↩
