1.
Faustus sagte: Warum nimmst du das Alte Testament nicht an? Weil das Neue mich bereits für sich eingenommen hat! Und das Alte und das Neue passen nun einmal nicht zusammen, wie es die Schrift bezeugt. Denn sie sagt (Mt. 9,16): Niemand setzt ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid, denn so wird noch ein grösserer Riss entstehen. Da ich nun aber, so wie ihr, einen grösseren Riss vermeiden will, mische ich die neue, christliche Schrift nicht mit der alten hebräischen. Wer würde es im Übrigen nicht als schmutzigen Geiz ansehen, wenn jemand seine alten Kleider, nachdem er sich neu eingekleidet hat, nicht ärmeren Leuten überliesse! Deshalb wäre es richtig, selbst wenn ich wie die Apostel als Jude geboren wäre, nach Empfang des Neuen Testaments mich vom Alten zu trennen, wie sie selbst es taten. Nun aber ist es mir durch die Wohltat der Natur vergönnt, nicht unter dem Joch der Sklaverei geboren zu werden, und Christus ist mir gleich von Geburt an mit dem vollen Geschenk der Freiheit begegnet: wie unselig und töricht wäre ich da, und obendrein noch undankbar, wenn ich mich aus freien Stücken der Sklaverei unterwerfen würde! Eben dafür rügte ja Paulus die Galater (cf. Gal. 4,3. 9), dass sie, in die Beschneidung zurückfallend, wieder zu den schwachen und armseligen Elementarmächten zurückkehrten, denen sie sich von neuem unterwerfen wollten. Wieso sollte ich mir also etwas zuschulden kommen lassen, wofür ich jemand anders getadelt sehe? Ehrlos ist es, in die Sklaverei zurückzukehren, ehrloser noch, sich in sie zu begeben.
