12. Nun beweist er aus dem so berühmten Bekenntnisse des hl. Petrus, daß Christus Gott sei.
Solltest du jedoch vielleicht die Autorität einer größern Person wünschen — nun, es braucht eben Niemandes Person oder Geschlecht mißfällig zu sein, wenn Einem das Bekenntniß eines Geheimnisses Ansehen verleiht; denn wenn auch Jemandes Lage oder Stellung geringer ist, so kennt doch die Kraft des Glaubens keine Verringerung. Wir wollen aber nun nicht etwa einen knabenhaften Anfänger fragen, dessen Unterricht noch wenig fortgeschritten ist, noch auch ein Weib, dessen Glaube vielleicht noch ein anfänglicher scheinen könnte, sondern Jenen, der als Jünger unter den Jüngern und als Lehrer unter den Lehrern der höchste ist, der das Steuer der römischen Kirche leitete und wie im Glauben, so auch im Priesterthume den obersten Rang hatte. Sage uns also, sag’ uns, wir bitten dich, o Petrus, du Fürst der Apostel, sag’ uns, wie die Kirchen an Gott glauben sollen; denn es ist billig, daß du uns lehrest, der du vom Herrn belehrt bist, und daß du uns die Thüre öffnest, zu welcher du den Schlüssel erhalten hast. Schließe aus alle Diejenigen, welche das himmlische Haus untergraben, und die durch betrügerische Höhlungen und auf verbotenen Wegen einzudringen gedenken, die halte ab; denn es ist sicher, daß Keiner zur Thüre des Reiches wird eingehen können, dem nicht der von dir in der Kirche hinterlegte Schlüssel aufgeschlossen hat. Sag’ also, was wir von Jesus Christus zu glauben und von dem gemeinsamen Herrn zu bekennen haben. Ganz ohne Zweifel wirst du antworten: „Was fragst du mich, wie der Herr zu bekennen sei, da dir vorliegt, wie ich ihn selbst bekannt habe? Lies das Evangelium, und du wirst nicht nach meiner Person S. 488 suchen, da du mein Bekenntniß hast; oder vielmehr du hast dort meine Person, wo du mein Bekenntniß hast; denn da meine Persönlichkeit ohne das Bekenntniß keine Autorität hat, so ist das Bekenntniß selbst die Autorität meiner Person.“ Sage also, o Evangelist, sage uns das Bekenntniß, sag’ uns den Glauben des höchsten Apostels, ob er Jesum nur als Menschen bekannt habe oder als Gott, ob er gesagt habe, daß nur das Fleisch an ihm sei, oder ob er ihn als Gott verkündet habe. Auf die Frage also unsers Herrn Jesus Christus, wer er nach dem Glauben und Bekenntnisse der Jünger sei, da antwortete der erste der Apostel, Petrus, und zwar er allein für alle, denn die Antwort des Einen enthielt in sich, was der Glaube aller enthielt. Aber es ziemte sich, daß der Erste antworte, damit im Antworten die nemliche Reihenfolge war wie im Rang und Derjenige im Bekenntnisse vorangienge, der auch voran war im Alter.1 Was sagt er nun? „Du bist Christus,“ sagt er, „der Sohn des lebendigen Gottes.“2 Da muß ich mich nun, o Häretiker, um dich zu widerlegen, einer einfältigen und plumpen Frage bedienen. Sage mir, ich bitte dich, wer Jener gewesen sei, dem Petrus Dieß geantwortet hat. Du kannst nicht läugnen, daß es Christus gewesen sei. Ich frage also: Wen nennst du Christus? Einen Menschen oder Gott? Allerdings und ohne Zweifel einen Menschen, denn davon kommt ja deine ganze Häresie, daß du Christum als Sohn Gottes läugnest. Deßhalb sagst du auch, daß Maria Christusgebärerin sei, aber nicht Gottesgebärerin, weil sie die Mutter Christi sei und nicht Gottes. Von Christus behauptest du also, daß er ein bloßer Mensch sei und nicht Gott und so auch der Sohn eines Menschen, aber nicht Gottes. Was antwortet nun Petrus hierauf? „Du bist Christus,“ sagt er, „der Sohn S. 489 des lebendigen Gottes.“ Von diesem Christus, den du nur den Sohn eines Menschen sein lässest, bezeugt Jener, daß er der Sohn Gottes sei. Wem willst du nun daß wir glauben, dir oder dem Petrus? Ich glaube, du bist doch nicht so unverschämt, daß du es wagst, dich dem Ersten der Apostel vorzuziehen. Und doch, was gibt es, das du nicht wagen würdest, oder wie solltest du den Apostel nicht verachten, da du Gott verläugnen konntest? Er sagt also: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Hat Dieß etwas Zweifelhaftes oder Dunkles in sich? Es ist nur ein einfaches, offenes Bekenntniß, er verkündet Christum als den Sohn Gottes. Du läugnest vielleicht den Ausspruch, aber der Evangelist bezeugt ihn. Oder sagst du, daß der Apostel lüge? O verabscheuungswürdige Fälschung, die den Apostel einer solchen beschuldigt! Oder behauptest du vielleicht, daß Dieß von einem andern Christus gesagt sei? Aber diese Art einer abenteuerlichen Erklärung wäre doch neu. Was bleibt also übrig? Wohl nur Eines, daß nemlich, wenn gelesen wird, was geschrieben steht, und wenn wahr ist, was gelesen wurde, du doch endlich durch Gewalt oder Noth gezwungen aufhörest, die Wahrheit zu bekämpfen, da du die Lüge nicht zu begründen vermagst.
