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Summe der Theologie
Zwölfter Artikel. Das Dasein Gottes als des Urgrundes kann vermittelst der natürlichen Vernunft erkannt werden, nicht sein Wesen.
a) Die natürliche Vernunft erscheint als ganz und gar unfähig, Gott in diesem Leben zu erkennen. Denn: I. Boëtius sagt (5. de consol. prosa 4.): „Der Verstand faßt eine wesentlich einfache Form nicht auf.“ Gott aber ist eine in höchst vollkommenem Grade einfache Form, wie Kapitel 3, Artikel 7 gezeigt worden. Also zu seiner Kenntnis kann die naturliche Vernunft nicht gelangen. II. „Ohne Hilfe der Einbildung oder des Phantasma versteht die menschliche Seele nichts,“ sagt Aristoteles. (3. de anima.) Gott aber ist nicht körperlich. Also kann über Ihn ein Phantasiebild nicht entstehen. III. Die Kenntnis, welche durch die natürliche Vernunft gewonnen wird, ist Guten und Bösen gemeinsam; gleichwie die Natur ihnen gemeinsam ist. Gott kennen aber ist nur den Guten eigen. Denn Augustin sagt (I. de Trin. 2.): „Die Schärfe des menschlichen Geistes ist zu ohnmächtig, um ein so hohes Licht festzuhalten, wenn ihr nicht die Gerechtigkeit des Glaubens reinigend zu Hilfe kommt.“ Gott also wird vermittelst der natürlichen Vernunft nicht erkannt. Auf der anderen Seite sagt Paulus (Röm. 1.): „Was rücksichtlich Gottes erkannt ist, das ist in jenen offenbar;“ d. h. was von Gott erkennbar ist durch die natürliche Vernunft.
b) Ich antworte, daß unsere natülliche Vernunft in ihrem Erkennen von den Sinnen ausgeht. So weit also kann sie sich erstrecken, als sie angeleitet werden kann durch die sichtbaren Dinge. Aus diesen letzteren aber kann keineswegs unsere Vernunft bis dahin kommen, daß sie das göttliche Wesen schaue; weil die sichtbaren Dinge Wirkungen Gottes sind, welche die Kraft dieser ihrer Ursache nicht erschöpfen; wie z. B. der Mensch nur wieder einen Menschen erzeugen kann und somit nach diese Seite hin dessen ursächliche Kraft erschöpft ist; ein höheres Wesen kann er nicht zeugen. Es kann somit aus den sichtbaren Dingen nicht die ganze Kraft der ersten Ursache erkannt und folgerichtig auch nicht das innere Wesen geschaut werden. Solche sichtbare Dinge sind aber immerhin Wirkungen, welche von der Ursache abhängen; und deshalb können wir aus ihnen mit Sicherheit schließen: 1. daß Gott existiert, und 2. daß Er jene Vollkommenheiten besitzt, welche Ihm als erster Ursache, die an Kraft und innerer Natur alle Wirkungen überragt, zukommen. Sonach wissen wir von Ihm die Beziehung, welche Er zu den Kreaturen hat, daß Er nämlich von allen insgesamt die Ursache ist. Dann wissen wir, daß Er dem Wesen nach verschieden ist von alle Kreatur, insofern Er nichts von dem ist, was durch Ihn verursacht wird; und endlich, daß nichts von Ihm deshalb dem.Wesen nach getrennt wird, als ob Er zu schwach wäre, um es zu besitzen, sondern weil Er alles in unaussprechlicher Weise hoch überragt. Daraus ergeben sich leicht die Antworten auf die drei Einwürfe. I. „Der Verstand faßt nicht die in sich einfache Form auf,“ daß er wisse, was eine solche Form dem Wesen nach wäre; jedoch so, daß er von ihr weiß, sie existiere. II. In und vermittelst der Natur wird Gott erkannt mit Hilfe der aus der sichtbaren Natur geschöpften Phantasiebilder. III. Gottes Wesen zu wissen, das kommt nur den Guten zu, da dieses Wissen der Gnade gedankt ist. Zu wissen aber, daß Er ist und daß Er sich wesentlich unterscheide von der Kreatur, das kommt Guten und Bösen zu; denn das ist der einfachen Natur gedankt. Deshalb sagt Augustin (Retractat. lib. I. cap. 4.): „Ich billige nicht, was ich (Soliloq. I.) gesagt, nur die reinen Herzens sind, könnten die Wahrheit wissen; denn es kann geantwortet werden, auch viele Unreine wüßten manches Wahre.“
Edition
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Summa theologiae
Articulus 12
Iª q. 12 a. 12 arg. 1
Ad duodecimum sic proceditur. Videtur quod per naturalem rationem Deum in hac vita cognoscere non possimus. Dicit enim Boetius, in libro de Consol., quod ratio non capit simplicem formam. Deus autem maxime est simplex forma, ut supra ostensum est. Ergo ad eius cognitionem ratio naturalis pervenire non potest.
Iª q. 12 a. 12 arg. 2
Praeterea, ratione naturali sine phantasmate nihil intelligit anima, ut dicitur in III de anima. Sed Dei, cum sit incorporeus, phantasma in nobis esse non potest. Ergo cognosci non potest a nobis cognitione naturali.
Iª q. 12 a. 12 arg. 3
Praeterea, cognitio quae est per rationem naturalem, communis est bonis et malis, sicut natura eis communis est. Sed cognitio Dei competit tantum bonis, dicit enim Augustinus, I de Trin., quod mentis humanae acies in tam excellenti luce non figitur, nisi per iustitiam fidei emundetur. Ergo Deus per rationem naturalem cognosci non potest.
Iª q. 12 a. 12 s. c.
Sed contra est quod dicitur Rom. I, quod notum est Dei, manifestum est in illis, idest, quod cognoscibile est de Deo per rationem naturalem.
Iª q. 12 a. 12 co.
Respondeo dicendum quod naturalis nostra cognitio a sensu principium sumit, unde tantum se nostra naturalis cognitio extendere potest, inquantum manuduci potest per sensibilia. Ex sensibilibus autem non potest usque ad hoc intellectus noster pertingere, quod divinam essentiam videat, quia creaturae sensibiles sunt effectus Dei virtutem causae non adaequantes. Unde ex sensibilium cognitione non potest tota Dei virtus cognosci, et per consequens nec eius essentia videri. Sed quia sunt eius effectus a causa dependentes, ex eis in hoc perduci possumus, ut cognoscamus de Deo an est; et ut cognoscamus de ipso ea quae necesse est ei convenire secundum quod est prima omnium causa, excedens omnia sua causata. Unde cognoscimus de ipso habitudinem ipsius ad creaturas, quod scilicet omnium est causa; et differentiam creaturarum ab ipso, quod scilicet ipse non est aliquid eorum quae ab eo causantur; et quod haec non removentur ab eo propter eius defectum, sed quia superexcedit.
Iª q. 12 a. 12 ad 1
Ad primum ergo dicendum quod ratio ad formam simplicem pertingere non potest, ut sciat de ea quid est, potest tamen de ea cognoscere, ut sciat an est.
Iª q. 12 a. 12 ad 2
Ad secundum dicendum quod Deus naturali cognitione cognoscitur per phantasmata effectus sui.
Iª q. 12 a. 12 ad 3
Ad tertium dicendum quod cognitio Dei per essentiam, cum sit per gratiam, non competit nisi bonis, sed cognitio eius quae est per rationem naturalem, potest competere bonis et malis. Unde dicit Augustinus, in libro Retractationum, non approbo quod in oratione dixi, Deus, qui non nisi mundos verum scire voluisti, responderi enim potest, multos etiam non mundos multa scire vera, scilicet per rationem naturalem.