Fünfter Artikel. Die Unbeständigkeit ist als Sünde in der Unklugheit enthalten.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Unbeständigkeit ist Mangel an Ausdauer in Schwierigkeiten, was der Stärke entspricht. II. Jakob. 3. heißt es: „Wo Streit und Eifern, da ist Unbeständigkeit und alles schlechte Werk.“ Also gehört die Unbeständigkeit zum Neide, wozu ja das Eifern gehört. III. Wer unbeständig ist, beharrt nicht. Davon ist aber bei den Unenthaltsamen der Grund das Ergötzen, bei den Trägen die Trauer etc. Also ist da nicht von Unklugheit die Rede. Auf der anderen Seite ist es Sache der Klugheit, ein größeres Gut dem geringeren vorzuziehen. Vom Besseren aber ablassen ist Sache des unbeständigen. Also ist Unbeständigkeit Unklugheit.
b) Ich antworte, Unbeständigkeit will sagen: Ablassen vom vorgenommenen Guten. Den Anfang nun hat ein solches Ablassen in dem begehrenden Teile; denn etwas ungeregelterweise Gefallendes bewegt dazu. Die Vollendung aber ist in der Vernunft, welche darin mangelt, daß sie nun verschmäht, was sie früher angenommen hatte. Und da sie nicht widerstanden hat, während sie es konnte, so ist die Unbeständigkeit, in ihrer Vollendung betrachtet, ein Mangel in der Vernunft und gehört sonach zur Unklugheit; da alle rechte Richtschnur der Vernunft zur Klugheit gehört. Die Unbeständigkeit nun ist ein Mangel, der dem „Vorschreiben“ entgegensteht; denn deshalb ist jemand unbeständig, weil er mangelt im Vorschreiben dessen, was beraten und geurteilt ist.
c) I. Am Guten der Klugheit nehmen alle moralischen Tugenden teil; und also gehört das Beharren im Guten allen moralischen Tugenden zu, vorzugsweise freilich der Stärke, welche den Stoß zum Gegenteil mehr zu ertragen hat. II. Der Neid und Zorn bilden von feiten des Begehrens den Anfang der Unbeständigkeit. III. Die Enthaltsamkeit und Beharrlichkeit scheinen einzig in der Vernunft zu sein. Denn der enthaltsame erträgt verkehrte Begierlichkeiten und der beharrliche erträgt große Traurigkeiten; die Vernunft widersteht da diesen Angriffen des Begehrens. Also sind die Enthaltsamkeit und Beharrlichkeit Gattungen der Standhaftigkeit und gehören der Vernunft an.
