Erster Artikel. Die Simonie ist der wohlbewußte Wille, etwas Geistiges oder etwas mit Geistigem innerlich verbundenes um Geld zu kaufen oder zu verkaufen.
a) Dagegen wird geltend gemacht: I. Die Simonie ist eine Häresie, nach 1 Qq. 1. cap. Eos qui pecunias: Erträglicher ist die gottlose Häresie des Macedonius und seiner Genossen, die den heiligen Geist bekämpfen, wie die der Simonisten. Denn jene machen aus dem Geiste Gott des Vaters und des Sohnes eine Kreatur und einen Knecht Gottes; diese aber machen Ihn zu ihrem Knechte, welchen kaufen und verkaufen nach ihrem Gutdünken wie eine beliebige andere Sache. Der Unglaube nun, also die Häresie, befindet sich ebenso wie der Glube in der Vernunft; also muß man die Häresie nicht als einen „Willen“ definieren. II. „Wohlbewußt“ sündigen heißt sündigen gegen den heiligen Geist. Also wäre die Simonie immer eine Sünde aus reiner Bosheit oder gegen den heiligen Geist. III. Das Geistigste von allen Dingen ist das Himmelreich. Das man aber taufen, nach Gregor (5 in Evgl.): „Das Himmelreich gilt soiel wie viel du hast.“ IV. Die Simonie hat ihren Namen von Simon Magus, der den Aposteln Geld antrug, um eine geistige Gewalt zu kaufen; daß nämlich jene, denen er die Hände auflege, den heiligen Geist empfingen. Es wird aber nicht gelesen, daß er Geistiges verkauft habe. V. Viele andere Arten des Austausches giebt es, wie Kauf und Verkauf. Also ist die Definition nicht umfassend genug. VI. Was mit dem Geistigen verbunden ist, das ist geistig. Der betreffende Zusatz ist also überflüssig. VII. Nach einigen kann der Papst die Sünde der Simonie nicht begehen. Er kann aber etwas Geistiges kaufen oder verkaufen. Also ist das nicht Simonie. Auf der anderen Seite sagt Gregor VII. (cap. Presbyter 1 Qq. 1.): „Daß es simonistische Häresie sei, einen Altar oder den Zehnten oder den heiligen Geist zu kaufen oder zu verkaufen, ist jedem bekannt.“
b) Ich antworte, eine Handlung sei in ihrer ganzen „Art“ schlecht wenn ihr Gegenstand ein ungehöriger ist. (I., II. Kap. 18, Art. 2.) Gegendstand des Kaufens oder Verkaufens aber zu sein, ist für eine geistige Sache ungehörig aus drei Gründen: 1. Nichts Geistiges kann in einem zeitlichen Preise seinen vollentsprechenden Wert finden; denn, wie Prov. 3. von der Weisheit gesagt wird, ist es kostbarer als alle Schätze; und Alles, wonach man trachtet, kann nicht mit ihm verglichen werden; weshalb Petrus zu Simon sagte (Act. 8.): „Sei dein Geld mit dir verflucht, weil du die Gabe Gottes einer Summe Geld gleichgeachtet hast.“ 2. Der Kirchenvorsteher ist nicht Herr der geistigen Dinge, sondern nur deren Verwalter, nach 1. Kor. 4.: „So erachte uns der Mensch wie Diener Christi und wie Verwalter der Geheimnisse Gottes;“ also kann er nicht verkaufen, was er nicht besitzt. 3. Solcher Verkauf widerspricht dem Ursprünge der geistigen Güter; denn „umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebet,“ sagt der Herr. (Matth. 10.) , Wer also eine geistige Sache kauft oder verkauft, der sündigt durch Mangel an Ehrfurcht vor Gott; und somit sündigt er gegen die Tugend der Gottesverehrung.
c) I. Wie die Tugend der Gottesverehrung oder Religion in einem Bekenntnisse des Glaubens besteht, den man jedoch manchmal nicht im Herzen hat, so enthalten die dieser Tugend entgegengesetzten Sünden ein Bekenntnis des Unglaubens nach außen hin, während der Unglaube selbst manchmal nicht im Herzen ist. Also nach dem äußeren Werke wird die Simonie als Häresie bezeichnet, weil jener, der eine Gabe des heiligen Geistes verkauft, damit gleichsam bekennt, er sei Herr und Meister dieser Gabe, was häretisch ist. Simon Magus aber wollte nicht nur Geistiges von den Aposteln kaufen; sondern er lehrte auch, die Welt sei nicht von Gott geschaffen, sondern von einer gewissen höheren Gewalt, und manches Andere, nach Isidor. (8 Etymol. 5.) Deshalb wird er unter den Häretikern aufgezählt. (Vgl. Aug. de hearesibus, haer. 1.) II. Die Gerechtigkeit und alle damit zusammenhängenden Tugenden, also auch die entgegenstehenden Laster sind im Willen. Somit wird in der Definition hier mit Recht gesetzt: „ist der Wille“. Es wird hinzugefügt „vollbewußt“, um die freie Wahl auszudrücken, welche vorzugsweise etwas zu einer Tugend oder zu einer Sünde macht. Nicht aber jeder, welcher aus freier Wahl sündigt, verfehlt sich gegen den heiligen Geist; sondern nur derjenige, welcher die Sünde als solche zum Gegenstande seiner Wahl macht, nicht das sündhafte Gut; und der dem gemäß alles das verachtet, was die Menschen vom Sündigen zurückhält. III. Das Reich Gottes wird „gekauft“ wird im weiteren Sinne gesagt für: „es wird verdient“. Da besteht nicht der vollkommene Wesenscharakter des Kaufens. Denn 1. „sind die Leiden dieser Zeit (womit doch das Himmelreich verdient wird) nicht wert der künftigen Herrlichkeit, die in uns wird enthüllt werden“ (Röm. 8.), also es ist da nichts ex condigno; — und 2. besteht das Verdienst nicht in äußerlichen Dingen und Handlungen, sondern in der inneren Liebe. IV. Simon Magus wollte die geistige Gewalt kaufen, damit er sie nachher wiederverkaufen könnte; wie caausa 1 Qq. 3. cap. Salvator es heißt: „Simon wollte die Gabe des heiligen Geistes kaufen, damit er später, indem er Zeichen und Wunder verkaufte, um so mehr Geld gewinne.“ Und sind jene, die Geistiges verkaufen, dem Simon gleichförmig in der Absicht; die Geistiges kaufen, im Thätigsein. Die ersteren aber gleichen im Thätigsein dem Ghiezi, der da (4. Kön. 5.) Geld nahm von jenem Aussätzigen, welchen Elisäus wunderbar geheilt hatte. Deshalb werden Simonisten auch Ghieziten genannt. V. Kaufen und Verkaufen will jeden Kontrakt in sich einschließen, der auf beiden Seiten Lasten auflegt. Also auch das Vertauschen von Präbenden und Beneficien und alles Ahnliche ist untersagt, wenn nicht in besonderen Fällen die Autorität des Papstes hinzutritt. VI. Wie die Seele für sich allein lebt, der Körper aber kraft der Vereinigung mit der Seele; so giebt es Geistiges für sich allein, wie die Sakramente und Ähnliches; und andere Dinge werden geistige genannt, weil sie mit diesen verbunden sind. Deshalb heißt es 1 Qq. 3. cap. si quis objecerit: „Geistige Dinge gehen nicht voran ohne die körperlichen; wie auch nicht die Seele ohne den Körper körperlich lebt.“ VII. Der Papst kann wie jeder andere durch Simonie sündigen; und seine Sünde ist dann um so größer, je höher er in der Würde steht. Denn auch er ist nicht Herr und Meister der kirchlichen Dinge, sondern nur Verwalter, wenn auch der hauptsächliche. Empfängt er also für eine geistige Sache Geld aus den Einkünften einer Kirche oder empfängt er von einem Laien Geld, damit dieser Kirchengüter in Verwaltung nehme; — so wäre dies Simonie.
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