Fünfter Artikel Auch für eine Dienstleistung oder gegen Lob oder auf Bitten hin darf man nichts Geistiges geben.
a) Das kann ganz wohl geschehen. Denn: I. Gregor sagt (Reg. lib. 2. ep. 18.): „Jene, welche der Kirche nützliche Dienste geleistet haben, verdienen es auch, an kirchlicher Belohnung sich zu erfreuen.“ Also darf man als Lohn für Dienstleistungen (munus ab obsequio) kirchliche Beneficien verleihen. II. Die Absicht ist ebenso eine weltliche oder fleischliche, wenn jemand im Hinblicke auf Blutsverwandtschaft ein kirchliches Beneficium verleiht, als wenn er es thut wegen geleisteter Dienste. Das Erstere aber ist keine Simonie; also ist dies auch nicht das Zweite. III. Was man nur auf die Bitte jemandes thut, das thut man umsonst, d. h. ohne Entgelt. Simonie aber kann nur genannt werden, wenn etwas gegen Entgelt gegeben wird, in der Weise von Kauf und Verkauf. IV. Die Heuchler thun geistige Handlungen, um gelobt zu werden. Sie sind aber deshalb noch keine Simonisten. Auf der anderen Seite sagt Urban II. (ep. 17. ad Lucium):„Wer auch immer kirchliche Dinge nicht zu dem Zwecke, wozu sie bestimmt sind, sondern behufs eigenen Vorteils um der Gaben der Zunge willen (munere linguae) oder wegen ungebührlicher Dienstleistung (munus obseqquii) oder um Geld verleiht oder erlangt, ist Simonist.“
b) Ich antworte, unter „Geld“ werde Alles verstanden, was mit Geld bezahlt werden kann. Die Dienstleistungen eines Menschen dienen aber offenbar einem Nutzen, der mit Geldwert geschätzt werden kann; weshalb ja auch um Geld Diener gemietet werden. Also ist das ganz gleich, ob jemand eine geistige Sache um Geld giebt oder für eine Dienstleistung, die mit Geld abgeschätzt werden kann. Ähnlich daß jemand den Bitten eines anderen nachgiebt, damit er eine zeitliche Gunst erlange, hat zum Zwecke einen mit Geld abzuschätzenden Nutzen. Also wird auch auf diese Weise (a lingua vel ab obsequio) Simonie getrieben.
c) I. Wenn jemand einem Kirchenoberen kirchlichen Nutzen leistet in der Verwaltung der kirchlichen Dinge, so wird er gerade dadurch geeignet, ein Kirchenamt zu bekleiden, ebenso wie durch andere gute Werke. So ist das obsequium hier nicht zu verstehen; sondern z. B. dahin, daß er in Familienangelegenheiten dem Oberen oder dessen Verwandten geholfen hat. II. Ein kirchliches Beneficium seinem blutsverwandten oder aus fleischlicher Zuneigung zu verleihen, ist fleischlich und weltlich, aber nicht Simonie; denn es wird da nichts als Entgelt gegeben. Wird aber ein Beneficium jemandem verliehen in der Absicht oder mit dem Übereinkommen, daß infolgedessen für die verwandten gesorgt werde, so wäre das offenbare Simonie. III. „Lob“, was mit Geld abgewogen werden kann, oder „Bitten“,auf Grund deren zeitliche Gunst erlangt wird oder man zeitliche Mißgunst vermeidet, bilden das munus a lingua. Und wer sich dadurch in erster Linie bewegen läßt, der begeht Simonie. Es läßt sich aber der betreffende Obere dem Anscheine nach in leitender Weise dann bestimmen, wenn er Bitten für einen gänzlich unwürdigen erhört; und ist deshalb die Thatsache der Übertragung einer Pfründe in diesem Falle Simonie. Werden die Bitten für einen würdigen dargebracht, so ist die Thatsache der Übertragung einer Pfründe nicht Simonie; denn es besteht eine gebührende Ursache für selbe. Aber die Absicht kann simonistisch sein, wenn man auf zeitliche Gunst acht giebt. Bittet aber jemand für sich selbst, so stellt er sich dadurch selber alsunwürdig hin. Nur eine Pfründe ohne Seelsorge kann jemand erlaubterweise für sich erbitten. IV. Der Heuchler giebt nichts Geistiges als Entgelt für das Lob. Also ist da keine Simonie.
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