Vierter Artikel. Die fünf Gattungen der Gaumenlust werden gemäß den fünf Bedingungen unterschieden: vorschnell, kostbar, allzuviel, zu gierig, zu schwierig.
a) Dies scheint falsch. Denn: I. Gregor (30. moral. 13.) schreibt: „In fünf verschiedenen Weisen versucht die Gaumenlust. Manchmal nämlich kommt sie der rechten Zeit des Bedürfnisses zuvor; manchmal sucht sie zu kostbare Speisen; manchmal ist sie zu schwierig rücksichtlich der Zubereitung; manchmal überschreitet sie das Maß im Nehmen selber der Speisen; manchmal verlangt sie zu eifrig nach Speise.“ Aber all dies sind nur Umstände, von denen kein Unterschied in den Gattungen ausgehen kann. II. Es müßten dann auch gemäß den Orten, wo man ißt, und ähnlichen Umständen verschiedene Gattungen angenommen werden. III. Wie die Mäßigkeit, so müssen auch alle anderen Tugenden die gebührenden Umstände beachten. Danach aber entstehen in den letzteren keine verschiedenen Gattungen. Auf der anderen Seite steht die Autorität Gregors.
b) Ich antworte; im Essen ist zu beachten das, was gegessen wird, und das Essen selber. Ungeregelt kann also die entsprechende Begierde sein: 1. mit Rücksicht auf die Speise; und so kann sie der Substanz nach zu kostbar, oder der Beschaffenheit nach in allzu gesuchter Weise zubereitet oder dem Umfange nach zu viel sein; — 2. mit Rücksicht auf das Essen selber; und danach kann man zu zeitig, vor der gegebenen Zeit nämlich, die Speise zu sich nehmen, oder zu gierig essen; vgl. Isidor. (2. de summo Bono.)
c) I. Hier kommen die Beweggründe in Betracht, wodurch ja die moralischen Akte der Gattung nach unterschieden werden. Denn wer zu kostbare Speisen sucht, wird erregt durch die Schönheit und die Substanz der Speise; wer vorschnell oder zu zeitig ißt, dessen Begierde ist ungeregelt wegen der Ungeduld im Warten etc. II. Im Orte und den anderen Umständen findet sich kein verschiedener Beweggrund für den Gebrauch der Speise, der da eine andere Gattung Gaumenlust veranlassen sollte. III. Wo in einer beliebigen Tugend durch die Umstände eine Verschiedenheit in den Beweggründen hervorgerufen wird; — da sind verschiedene Gattungen. Das trifft aber nicht zu in allen Tugenden.
