Sechster Artikel. Die Propheten des Teufels sagen manchmal Wahres.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Zu 1. Kor. 12. (nemo potest dicere verum) bemerkt Ambrosius: „Alles Wahre, von wem auch immer es gesagt werde, ist vom heiligen Geiste.“ Die Propheten des Teufels aber sprechen nicht angetrieben vom heiligen Geiste; denn „es besteht keine Verbindung Christi mit Belial.“ (2. Kor. 6.) Also sagen solche Propheten niemals Wahres. II. Wie die wahren Propheten vom heiligen Geiste, so werden die falschen inspiriert vom Lügengeiste, nach 3. Kön. ult.: „Ich will ausgehen und werde ein Lügengeist sein im Munde aller seiner Propheten.“ Nun sprechen die wahren Propheten niemals Falsches; also sprechen die falschen niemals Wahres. III. Ioh. 8. heißt es: „Wenn er (der Teufel) Lüge spricht, so spricht er aus dem heraus, was ihm gehört; denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.“ Spricht aber der Teufel durch seine Propheten, so spricht er aus dem heraus, was ihm gehört; denn er ist nicht der Diener Gottes, um Wahrheit zu verkünden. Also. Auf der anderen Seite sagt zu Num. 21. die Glosse: „Balaam war ein Teufelsprophet, ein Werkzeug des Teufels; durch magische Künste wußte er manchmal das Zukünftige vorher.“ Er sagte aber vieles Wahre vorher, wie Num. 24, 17.: „Ein Stern wird aus Jakob aufgehen und ein Stab erstehen aus Israel.“
b) Ich antworte, wie das Gute im Bereiche der wirklichen Dinge, so verhalte sich das Wahre im Bereiche der Kenntnis. Nun ist es unmöglich, ein thatsächlich bestehendes Ding zu finden, welches ganz des Guten bar sei. Also ist es auch unmöglich, eine Kenntnis zu finden, die ganz vom Wahren entblößt sei: „Keine falsche Lehre giebt es, die nicht mit einiger Wahrheit vermischt wäre,“ sagt Beda (in Luc. c. 17. Aug. Qq. in Evgl. 59.). Somit enthält auch die Lehre des Teufels, womit er seine Propheten anfüllt, einzelnes Wahre; und wird dadurch zugänglich. Denn so wird die Vernunft zum Irrtum geführt durch den Anschein der Wahrheit wie der Wille zum Bösen durch den Anschein des Guten.
c) I. Die Teufelspropheten sprechen nicht immer aus Eingebung des Teufels, sondern manchmal bedient sich ihrer Gott, wie aus dem Beispiele Balaams offenbar hervorgeht; denn auch der bösen bedient sich Gott zum Nutzen der guten. Deshalb sagen auch die Teufelspropheten manchmal die Wahrheit; sowohl damit diese durch das Zeugnis aus Feindes Mund noch empfehlenswerter werde, als auch damit die bösen leichter zur Wahrheit sich anleiten lassen. So haben auch die Sibyllen manches Wahre über Christum vorhergesagt. Bisweilen aber sagen die Teufelspropheten auch Wahres, trotzdem sie vom Teufel belehrt worden; und zwar sowohl auf Grund ihrer Natur, deren Urheber der heilige Geist ist, wie auf Grund von Offenbarungen seitens guter Geister, wie Augustin darthut. (12. sup. Gen ad litt. 19.) Und so ist auch jenes Wahre, was die Teufel künden, vom heiligen Geiste. II. Der wahre Prophet ist immer vom heiligen Geiste inspiriert und vom heiligen Geiste kann nichts Falsches kommen., Der falsche Prophet aber steht manchmal auch unter dem Einflüsse des heiligen Geistes. (Vgl. oben.) III. Was zur Natur der Dämonen gehört, das haben sie nicht von sich selbst und ist nicht infoweit ihr Eigen; das haben sie von Gott. Kraft ihrer Natur aber verkünden sie bisweilen Wahres oder als Werkzeuge des heiligen Geistes oder unterrichtet von den Engeln.
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