Zweiter Artikel. Die Ordensleute dürfen unter gewissen Bedingungen mit Weltlichem sich befassen.
a) Dies scheint durchaus verboten. Denn: I. Bonifacius IV. sagt (16 Qq. 1. sunt nonnulli) „Der selige Benedikt schrieb vor, sie sollten an weltlichen Geschäften nicht teilnehmen; und dieses selbe wird nicht nur durch apostolische Aussprüche, sondern auch durch die Vorschriften aller heiligen Väter im höchsten Grade anbefohlen;“ und zwar nach 2. Tim. 2.: „Niemand, der für Gott streitet, soll sich in weltliche Gefchäfte mengen.“ Alle Ordensleute aber sind Gottes Streiter. II. Zu 1. Thess. 4. (Operam detis, ut quicti sitis et ut negotium vestrum agatis) sagt die Glosse: „Lasset alles Andere fort, was euch zur Besserung des Lebens nicht nützlich ist.“ Die Ordensleute aber haben den besonderen Zweck der Lebensbesserung. Also dürfen se sich nicht in Weltliches mischen. III. Zu Matth. 11. (Ecce qui mollibus vestiuntur) erklärt Hieronymus:„Wer ein Bußleben führt oder Bußprediger ist, der soll nicht die Höfe der Könige und die weichlichen Paläste der Großen betreten.“ Das ist aber nur eine Folge davon, daß man sich in weltliche Geschäfte mischt. Also. Auf der anderen Seite heißt es Röm. ult.: „Ich empfehle euch Phöbe, unsere Schwester,… stehet ihr bei, in welchem Geschäfte auch immer sie euer bedarf.“
b) Ich antworte, der Ordensstand habe zum Zwecke die Vollkommenheit der Liebe; und zwar in erster Linie die der Liebe Gottes, an zweiter Stelle die der Liebe des Nächsten. Zuerst also muß die Ordensperson darauf sich richten, daß sie sich Gott hingiebt. Besteht aber von seiten des Nächsten ein Bedürfnis, so muß sie die Geschäfte des Nächsten aus Liebe besorgen, nach Gal. 6.: „Der eine soll des anderen Lasten tragen und so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Denn wenn die Ordenspersonen dem Menschen um Gottes willen dienen, sind sie der göttlichen Liebe untergeben. Deshalb sagt der Apostel Jakobus (1, 27.): „Die reine und fleckenlose Religion bei unserem Gott und Vater ist die: die Waisen zu besuchen und die Witwen in ihrer Trübsal,“ d. h. nach der Glosse: „beistehen denen, welchen es an Schutz mangelt zur Zeit des Bedürfnisses.“ Um der Geldgier willen also in weltliche Geschäfte sich mischen, ist den Mönchen und Geistlichen nicht erlaubt; um der Liebe willen aber und in mäßiger Weise ist gestattet gemäß der Erlaubnis der Oberen. Deshalb heißt es Decret. dist. 88. cap. 1.: „Die heilige Synode bestimmt, daß in der Folge kein Geistlicher Äcker mieten oder in weltliche Geschäfte sich mischen soll; es sei denn um für Witwen und Waisen zu sorgen oder wenn der Bischof vorschreibt, ein Geistlicher solle die Verwaltung der betreffenden Kirchengüter führen.“ Dasselbe gilt von den Ordensleuten.
c) I. Aus Geldgier Weltliches betreiben ist den Mönchen unterfagt. II. Liebe ist es, wenn jemand sich in weltliche Geschäfte mischt, weil dies die Notwendigkeit auf seiten der Nächsten erfordert. III. Wegen Geldgier die Paläste der vornehmen betreten, schickt sich nicht für Ordensleute; wohl aber aus frommen Zwecken. Sonach sagt Elisäus (4. Kon. 4.) zu dem Weibe: „Hast du um etwas zu bitten und willst du, daß ich mit dem Könige spreche oder mit dem Heeresobersten?“ Auch um die Fürsten zu bessern, kann ein Ordensmann ihre Paläste betreten, wie Johannes der Täufer es that. (Matth. 14.)
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