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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 16

Dritter Artikel. Man kann Christum nicht im eigentlichen Sinne als einen „göttlichen Menschen“ (homo dominicus) bezeichnen.

a) Dies kann man wohl: I. Nach Augustin (83 Qq. 36.): „Man muß ermahnen, daß jene
Güter erwartet werden, welche gewesen sind in jenem göttlichen (dominico)
Menschen.“ II. Wie Gott oder Herr zu sein, Christo zukommt auf Grund seiner
göttlichen Natur; so gehört Mensch zu sein der menschlichen Natur an. Gott
aber kann bezeichnet werden, nach Damascenus (3. de orth. fide 2.) als
„menschgeworden“, „vermenscht“. Also kann man von Christo als Menschen
sagen. Er sei vergöttlicht. III. Dionysius nennt (4. de coel. hier.) den Herrn „den göttlichsten Jesus“. Auf der anderen Seite schreibt Augustin (l. Retr. 19.): „Ich sehe nicht, ob in Wahrheit Jesus Christus genannt werden kann der göttliche Mensch (dominicus); obwohl Er in Wahrheit Gott und Herr ist.“

b) Ich antworte, wenn gesagt wird „der Mensch Jesus Christus“, so werde dadurch angezeigt die ewige Person des Sohnes Gottes als die eine Person in zwei Naturen. Von der Person des Sohnes aber wird „Gott“ und „Herr“ dem Wesen nach ausgesagt; und somit darf es nicht als Eigenschaftswort, also nur gemäß einer Teilnahme am Göttlichen, ausgesagt werden, weil dies der Wahrheit der Einigung entgegensteht. Da also „göttlich“ Eigenschaftswort von „Gott“ ist und somit mehr eine Mitteilung des Göttlichen in der Weise eines zur fürsichbestehenden Substanz hinzutretenden Zustandes nach Art der Gnade bezeichnet; so darf man nicht im wahrhaften und eigentlichen Sinne von einem „göttlichen“ Menschen Christus sprechen. Würde jedoch durch den Ausdruck „der Mensch Christus Jesus“ ein geschaffenes Fürsichbestehen bezeichnet, wie bei jenen, die zwei Personen in Christo annehmen; so würde man jenen Menschen als „göttlich“ bezeichnen, insoweit er teilnimmt an der göttlichen Ehre, wie Nestorius annimmt.

c) I. Augustin hat alle diese und ähnliche Redeweisen zurückgezogen (1 Retr. 19.): „Wo ich auch immer so gesprochen (von homo dominicus), wollte ich, daß ich es nicht gethan hätte; wenn es auch in gewisser Weise verteidigt werden kann.“ Denn man kann das „dominicus“ oder „göttlich“ auf die Natur beziehen und nicht auf die Einheit der Person. II. Zuerst war diese Person, die nun in zwei Naturen fürsichbesteht,
einzig und allein in der göttlichen Natur fürsichbestehend und zwar von
Ewigkeit. Weil sie also in der Zeit die menschliche Natur angenommen,
nicht einen fürsichbestehenden Menschen, kann man von einem „Menschgewordensein“, „Vermenschtsein“ sprechen. Das Umgekehrte geht nicht an;
weil nicht eine menschliche Person die göttliche Natur angenommen hat. III. Dionysius will sagen, daß Jesus in ganz besonderer Weise Gott,
dem Herrn, zugehört; und so kann man von einem göttlichen Leiden, vom
göttlichen Leibe sprechen, insofern das damit bezeichnet wird, was dem
Menschen anhaftet und somit eins ist mit der Person des „Wortes“. Im
Namen „Mensch“ selbst aber liegt das Fürsichbestehen; und da dasselbe
nicht nach der göttlichen Person hin bestimmt ist wie bei Dionysius durch
den Namen „Jesus“; so entsteht das Mißverständnis, als ob das „göttliche“
bloß einen Zustand oder eine Eigenschaft ausdrücke, kraft deren man teilnimmt am Göttlichen. Dagegen ist hier „Gott“ die Person und danach nichts
zu einer bereits bestehenden Substanz Hinzutretendes, sondern das zugrundeliegende Fürsichbestehen selber.

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