Zehnter Artikel. Dieser Satz ist wahr: Christus als Mensch betrachtet ist ein Geschöpf.
a) Er ist falsch. Denn: I. Nur die menschliche Natur ist in Christo das Geschaffene. Dieser Satz aber ist falsch: Christus als Mensch ist die menschliche Natur. Also kann man nicht sagen: Christus als Mensch ist etwas Geschaffenes. II. Das Prädikat, wenn dasselbe auf sich selber zurückbezogen wird, wird in höherem Grade von dem, was in ihm enthalten ist, ausgesagt, als selbst vom Subjekte des Satzes; wie, wenn ich sage: „Ein Körper, insoweit er farbig ist, ist sichtbar,“ daraus folgt, daß das Farbige sichtbar ist. Nun ist dieser Satz, so schlechthin ausgesprochen, nicht zuzugeben: „Der Mensch Christus ist eine Kreatur.“ Also ist auch dieser andere falsch: „Christus, insoweit Er Mensch ist, ist eine Kreatur.“ III. Was von einem Menschen als Menschen ausgesagt wird, das wird von ihm ausgesagt an und für sich und schechthin. Das ist aber falsch: Christus ist an und für sich und schlechthin eine Kreatur. Also ist auch dieser Satz falsch: Christus als Mensch ist eine Kreatur. Auf der anderen Seite ist Alles was Sein hat entweder Schöpfer oder Geschöpf. Dies ist aber falsch: Christus als Mensch ist Schöpfer. Also ist dieser Satz wahr: Christus als Mensch ist Geschöpf.
b) Ich antworte, in diesem Satze: Christus als Mensch ist Geschöpf, könne dieser Ausdruck „Mensch“ für die Person stehen oder fürdie Natur. Im ersten Falle ist der Satz falsch; denn die Person im Menschen Christus ist ewig. Im zweiten Falle ist er wahr; denn gemäß der menschlichen Natur kommt es Christo zu, geschaffen zu sein. Jedoch muß man bemerken, daß ein solcher auf sich selbst zurückbezogener Ausdruck mehr für die Natur steht wie für die Person. Denn derselbe wird genommen als auf der Seite des Prädikats stehend im formalen Sinne, da „Christus als Mensch“ dasselbe ist wie „Christus, insoweit er Mensch ist.“ Und somit ist der Satz: Christus als Mensch ist ein Geschöpf, mehr wahr als falsch; vorausgesetzt daß nichts zu „Mensch“ hinzugefügt wird, was auf die Person hinweist, z. B.: Christus als dieser Mensch.
c) I. Christus ist zwar nicht die menschliche Natur, aber Er ist habend die menschliche Natur. Der Name „Geschöpf“ jedoch kann von der Natur im allgemeinen, in abstracto, sowohl ausgesagt werden wie von der Natur im einzelnen Fürsichbestehenden, in concreto; und so kann ich sagen: Die Menschheit im Ganzen ist eine Kreatur, und: Der Mensch ist eine Kreatur. II. Der Ausdruck „Mensch“ als einfaches Subjekt steht mehr für die Person oder das suppositum; aber als hinzugefügt zum Subjekte, um dieses auf sich selbst zurückzubeziehen, steht er mehr für die Natur. Und weil die Person in Christo ungeschaffen ist, die Natur aber geschaffen, deshalb ist mehr wahr dieser Satz: Christus als Mensch ist ein Geschöpf, wie jener: Christus ist ein Geschöpf. III. Jedem Menschen, der einzeln fürsichbestehend ist einzig in der menschlichen Natur, kommt es nicht zu, Sein zu haben außer gemäß der menschlichen Natur. Und deshalb folgt es von selbst, daß, wenn er als Mensch Kreatur ist, er ebenso schlechthin Kreatur ist. Christus ist aber fürsichbestehend, auch in der göttlichen Natur; und danach hat Er ein ungeschaffenes Sein. Also ist diese Folgerung falsch: Wenn Christus als Mensch Kreatur ist, so ist Er es schlechthin.
