Elfter Artikel. Zulässigerweise wurde Christus zusammen mit zwei Räubern gekreuzigt.
a) Dies hätte nicht sein sollen. Denn: I. 2. Kor. 6. heißt es: „Welche Gemeinschaft zwischen der Gerechtigkeit und zwischen der Bosheit?“ Christus aber „ist uns geworden Gerechtigkeit von Gott her.“ Also hätte Er nicht in Gemeinschaft mit Räubern am Kreuze hängen sollen. II. Zu Matth. 26. (Si oporteret me mori tecum) sagt Origenes (tract. 35. in Matth.): „Zu sterben mit Jesu, der für alle starb, war nicht Sache der Menschen.“ Und Ambrosius (zu Luk. 22.): „Das Leiden des Herrn kann Nachahmer haben, gleiche kann es nicht haben.“ Also noch weniger zulässig war es, daß Räuber mit Jesu litten. III. Matth. 27. heißt es: „Die Räuber, die mit Ihm gekreuzigtwaren, schmähten Ihn;“ und Luk. 23., daß einer von ihnen zum Herrn sagte: „Gedenke, Herr, meiner, wenn Du wirst im Paradiese sein.“ Also scheinen da drei mit Jesu gekreuzigt worden zu sein und nicht zwei. Auf der anderen Seite steht bei Isai. 53.: „Und Er wurde unter die gottlosen gerechnet.“
b) Ich antworte; eine andere Absicht hatten hier die Juden und eine andere Gott. Die Juden meinten (nach Chrysost. hom. 88. in Matth.), „der Herr würde an dem Rufe der Räuber beim Volke Anteil haben, weil der Tod ein gemeinsamer war. Das Gegenteil aber fand statt. Denn von den zwei Räubern hört man nichts; das Kreuz Christi aber wird von allen geehrt. Die Könige nehmen ihre Diademe ab, damit sie das Kreuz auf dieselben setzen; und auf ihren Purpur nehmen sie es und auf ihre Tische und auf ihre Waffen.“ Der Ratschluß Gottes aber ging nach Hieronymus (zu Matth. 27. venerunt in locum) dahin: „Wie Er für uns den Fluch des Kreuzes auf Sich genommen, so wird Er für aller Heil zwischen Verbrechern als Verbrecher gekreuzigt.“ Leo der Große bemerkt (de pass. 4.): „Zwischen zwei Räubern ist der Herr gekreuzigt worden, von denen der eine zur Rechten, der andere zur Linken war, damit Er am Leidensholze selber bereits zeige, wie die Menschen voneinander geschieden werden sollen; wann Er kommen wird zu richten die lebendigen und die toten.“ Augustinus (zu Joh. tract. 31.): „Das Kreuz selbst war ein Richterstuhl: In der Mitte war der Richter; einer, der glaubte, wurde gerettet; der andere, der schmähte, wurde verdammt. Bereits zeigte Er an, was Er mit den lebendigen und den toten machen würde; die einen wird Er zur Rechten stellen, die anderen zur Linken.“ Hilarius ferner erklärt (33. in Matth.): „Zwei Räuber werden zur Rechten und zur Linken gekreuzigt; sie zeigen, wie das ganze Menschengeschlecht berufen wird zur Teilnahme am Geheimnisse des Leidens Christi. Weil aber alle Menschen geteilt werden in gläubige und ungläubige, zur Rechten befindliche und zur Linken stehende, deshalb wird der Räuber zur Rechten durch die Rechtfertigung des Glaubens gerettet.“ Beda endlich sup. Marc. 44.): „Die zwei Räuber bezeichnen jene, welche unter dem Glauben und dem Bekenntnisse Christi entweder den Kampf des Martyriums übernehmen oder unter strengere Zucht treten. Wenn sie dies thun für die ewige Herrlichkeit, so werden sie durch den Glauben des Räubers zur Rechten angedeutet; thun sie es aus Verlangen nach Menschenlob, so ahmen sie den Geist und die Thätigkeit des Räubers zur Linken nach.“
c) I. Wie Christus den Tod nicht verdiente, sondern freiwillig auf sich nahm; so wollte Er freiwillig unter die gottlosen gezählt werden, damit Er durch seine Kraft die Gottlosigkeit zerstörte. Deshalb sagt Chrysostomus (hom. 84. in Joan.): „Den Räuber am Kreuze bekehren und in das Paradies einführen war ebensoviel als einen Fels zertreten.“ II. Es geziemte sich nicht, daß mit Christo zusammen ein anderer litt aus dem gleichen Grunde. Deshalb sagt Origenes (l. c.): „Alle waren in Sünden und hatten alle es notwendig, daß Er für sie stürbe, nicht sie für Ihn.“ III. Augustin erklärt (3. cons. Evgl. 16.), Matthäus habe den Plural gesetzt für den Singular, als er sagte: „Die Räuber schmähten Ihn.“ Oder man kann mit Hieronymus (l. c.) sagen: „Zuerst schmähten beide; später hat einer geglaubt, weil er die Wunder gesehen.“
