Siebenter Artikel. Das Hindernis der nächtlichen Befleckung für die Kommunion.
a) Es ist eine solche für niemanden ein Hindernis. Denn: I. Nur die Sünde hindert, daß man kommunizieren dürfe. Augustin (12. sup. Gen. ad litt. 15.) nämlich sagt: „Das Phantasiebild selber, welches entsteht im Gedanken des sprechenden, bewegt, falls es dermaßen ausgedrückt ist im Schauen des schlafenden, daß zwischen der dadurch dargestellten und der wahren Verbindung der Leiber nicht unterschieden wird, sogleich das Fleisch; und es folgt, was dieser Bewegung zu folgen pflegt; — da dies doch gleichermaßen ohne Sünde geschieht wie es ohne Sünde von den wachenden gesagt wird, denn um es zu sagen muß es jedenfalls gedacht worden sein.“ Also hindert die nächtliche Befleckung nicht die Kommunion. II. Gregor der Große schreibt an den Bischof Augustin in England (lib. 12. Reg. ep. 31., ad interr. 10.): „Wenn jemand seine Frau gebraucht nicht wegen der Begierde, sondern um Kinder zu erzeugen; so ist es seinem Urteile überlassen sowohl ob er die Kirche betreten als auch ob er am Geheimnisse des Körpers Christi durch Empfangen teilnehmen will. Er darf von uns aus kein Hindernis finden, der da, im Feuer befindlich, es versteht, nicht zu brennen.“ Also ist die fleischliche Befleckung auch im wachenden Zustande, wenn sie ohne Sünde ist, kein Hindernis für die Kommunion; um so weniger demnach die Befleckung im Schlafe. III. Eine solche Befleckung ist rein körperlich. Andere solcher Verunreinigungen aber, wie sie unter dem Gesetze den Eintritt in das Heilige hinderten, thun dies nicht mehr unter dem Gesetze der Gnade; wie der monatliche Fluß, das Gebären bei der Frau etc., nach Gregor l. e. Also ist dies auch nicht der Fall mit der Befleckung im Schlafen. IV. Die läßliche Sünde hindert nicht die heilige Kommunion und ebenso thut dies nach der Reue nicht die Todsünde. Käme also auch wirklich solche Befleckung von einer vorhergegangenen Sünde, sei es infolge zu vielen Essens und Trinkens oder infolge schlechter Gedanken, so ist doch dies meist nur läßliche Sünde; und wäre es selbst Todsünde, so kann man bereuen und beichten und so kommunizieren. V. Wenn einer träumt, er begehe einen Mord oder einen Diebstahl, oder überhaupt eine sonstige schwerere Sünde wie Unkeuschheit; so ist dies kein Hindernis für die Kommunion; — also auch nicht im genannten Falle. Auf der anderen Seite heißt es Lev. 15.: „Der Mann, von dem der fleischliche Same ausgeht, wird unrein sein bis zum Abende.“ Den unreinen aber ist der Zutritt zu den Sakramenten nicht gestattet.
b) Ich antworte; hier sei zu betrachten: 1. Was mit Notwendigkeit den Menschen hindert, dieses Sakrament zu empfangen; 2. was nicht zwar mit Notwendigkeit, jedoch infolge eines gewissen Geziemens dies hindert. Mit Notwendigkeit nun hindert darin nur die Todsünde. Und obgleichnun die Befleckung beim Schlafen an sich keine Todsünde sein kann, so kann sie es doch sein mit Rücksicht auf ihre Ursache. Daher muß man diese Ursache erwägen. 1. Manchmal nämlich kommt solche Befleckung von der Einwirkung der Dämonen, welche nach I. Kap. 111, Art. 3. die Phantasiebilder in Bewegung und Thätigkeit setzen können, aus deren Erscheinen bisweilen die Befleckung folgt. Manchmal kommt sie aber von einer innerlichen geistigen Ursache, nämlich sie entspringt den vorhergegangenen Gedanken. Manchmal zudem von einer körperlichen Ursache, wie aus der Schwäche der Natur oder aus dem Überflusse von Speise und Trank. Ist eine solche Ursache begleitet von einer Todsünde, so hindert die daraus folgende Befleckung die Kommunion; ist sie begleitet von keiner oder einer läßlichen Sünde, so ist sie kein Hindernis oder es geziemt sich höchstens, die Kommunion zu unterlassen. Die Einwirkung der Dämonen nämlich kommt zuweilen aus vorhergegangener Nachlässigkeit in der Vorbereitung zur Andacht, welche Nachlässigkeit sein kann schwere oder läßliche Sünde. Zuweilen ist eine solche Einwirkung einzig der Bosheit der Dämonen geschuldet, welche den Menschen hindern wollen im Empfangen des heiligsten Sakramentes. So wird in collat. 22. c. 6. gelesen, daß ein Bruder immer bei Gelegenheit der Festtage, in denen kommuniziert werden sollte, solche Befleckungen erlitt; woraus die Oberen beschlossen, es sollte dies kein Hindernis für die Kommunion sein; und danach schwand diese Einwirkung. Auch die vorhergegangenen unreinen Gedanken können sein ganz und gar ohne Sünde; wie z. B. wenn jemand Studiums halber gezwungen ist, daran zu denken. Ist dies ohne Begierlichkeit und Ergötzen, so werden die Gedanken an sich selber gar keine unreinen, sondern ehrbare sein, aus denen aber wohl eine Befleckung folgen kann, nach Augustin l. c. Zuweilen aber sind die vorhergegangenen Gedanken aus Begierlichkeit und Ergötzen. Ist in diesem Falle Zustimmung vorhanden, so wird da eine Todsünde sein; fehlt dieselbe, so ist es läßliche Sünde. Ähnlich nun wirkt auch die körperliche Ursache manchmal, ohne daß Sünde damit verbunden ist, wie manche z. B. auf Grund der Schwäche der Natur auch im wachenden Zustande Samenfluß haben oder wie manche einen Überfluß in der Natur haben, so daß als Überfluß des Blutes bei diesen ebenfalls der Same ohne Sünde abfließt (1. de gener. animal. 19.). Besteht jedoch diese körperliche Ursache in einem Überflusse an Speise und Trank, so kann dies schwere oder läßliche Sünde sein; öfter aber ist die Todsünde in Begleitung unkeuscher Gedanken wegen der Leichtigkeit, mit welcher die Zustimmung bei unkeuschen Gedanken erfolgt, als in Begleitung von Essen und Trinken. Deshalb schreibt Gregor (l. c.) an Augustin, man solle nicht kommunizieren, wenn die Befleckung eine Folge unkeuscher Gedanken ist; wohl aber, wenn sie von zu vielem Essen und Trinken kommt; zumal wenn irgend welche Notwendigkeit da eintritt, daß die Kommunion stattfinde. Also kann aus der Ursache der Befleckung gesehen werden, ob man kommunizieren darf oder nicht. 2. Was nun das Geziemen anbetrifft, so besteht da ein Hindernis mit Rücksicht auf zwei Dinge:
a) Mit Rücksicht auf die körperliche Verunreinigung; und dieses Hindernis besteht immer, wie ja auch jene, die dem Altare nahen und etwas Heiliges berühren wollen, aus Ehrfurcht die Hände waschen; es sei denn daß eine solche Verunreinigung den Charakter derBeständigkeit oder langer Dauer hat, wie der Aussatz, der Blutfluß und Ähnliches; —
b) mit Rücksicht auf die Zerstreutheit des Geistes, welche gewöhnlich solcher Befleckung folgt, zumal wenn sie von häßlichen Bildern begleitet ist. Was aber nur in dieser Weise sich nicht geziemt, das muß nachgesetzt werden der Notwendigkeit, „wenn z. B. ein Festtag die Kommunion erfordert oder ein Priester ersetzt werden muß und ähnlich (l. c.).
c) I. Die Todsünde hindert mit Notwendigkeit das Kommunizieren, so daß man durchaus nicht kommunizieren darf; aber es kann auch die Kommunion infolge einer gewissen Schicklichkeit, weil es sich so geziemt, gehindert werden. II. Das fleischliche eheliche Zusammenleben, wenn es ohne Sünde geschieht (nämlich auf Grund der Kindererzeugung oder aus Gerechtigkeit, um der Forderung des anderen Teiles gerecht zu werden) hindert nicht die Kommunion, außer wie gesagt auf Grund einer gewissen Schicklichkeit wegen der körperlichen Unreinheit und der geistigen Zerstreuung. Deshalb sagt Hieronymus (de esu agni): „Wenn die Schaubrote nicht von jenen berührt werden durften, welche ehelich mit ihren Frauen zusammengelebt hatten, um wie viel mehr darf jenes Brot, welches vom Himmel herabgestiegen, nicht von denen berührt werden, welche kurz vorher ehelich sich verbunden haben? Wir verdammen damit nicht die Ehe; aber wir sollen zu jener Zeit, da wir das Fleisch des Lammes essen wollen, uns fleischlicher Werke enthalten.“ Weil dies aber nur gemäß einer gewissen Schicklichkeit gilt, nicht als ob es durchaus notwendig wäre; so ist ein solcher nach Gregor „seinem Urteile zu überlassen.“ Steht aber „nicht die Liebe zur Nachkommenschaft, sondern das fleischliche Vergnügen an leitender Stelle der geschlechtlichen Verbindung“ (l. c.), so soll ein solcher gehindert werden, daß er kommuniziere. III. Jene Unreinigkeiten am Körper sind nach Gregor (l. c. ) für das Volk des Neuen Bundes im figürlichen Sinne zu verstehen. Sie bezeichnen die verschiedenen Arten von inneren Sünden. Sind sie also beständig oder lang andauernd, so hindern sie gar nicht die Kommunion; kommen sie hie und da einmal vor, so ist es gewissermaßen schicklich, die Kommunion für den betreffenden Tag zu unterlassen. So heißt es auch Deut. 23.: „Ist unter euch ein Mann, der durch nächtlichen Traum befleckt worden ist, so gehe er heraus aus dem Lager und kehre nicht zurück, bis er am Abende mit Wasser sich gewaschen hat.“ IV. Durch Reue und Bekenntnis wird wohl die Schuld entfernt, nicht aber die körperliche Unreinheit und geistige Zerstreutheit. V. Solche Träume von Mord etc. bringen keine körperliche Unreinigkeit mit sich und keine so große Zerstreutheit. Kommt aber der Traum an den Mord aus einer Ursache, die Todsünde ist, so besteht da ein Hindernis für die Kommunion auf Grund der Ursache.
