Sechster Attikel. Vergleich dem Werte nach zwischen der Messe eines schlechten und der eines guten Priesters.
a) Die Messe eines schlechten gilt ebensoviel wie die eines guten. Denn: I. Gregor sagt (Reg. cap. Multi saecularum I. q. 1.): „Wehe! In welch großen Fallstrick versinken jene, die da meinen, die göttlichen Mysterien könnten noch mehr Heiligkeit erlangen, wenn sie von guten Priestern gespendet werden, da doch ein und derselbe Geist diese Mysterien in geheimnisvoller, unsichtbarer Weise heiligt.“ II. Wie die Taufe, die ein tugendhafter giebt, nicht besser ist wie die eines Sünders, wirkt doch in beiden Fällen immer nur die Kraft Christi; — so muß es sich auch mit der Messe verhalten, denn da wirkt ebenfalls nur die eine Kraft Christi. III. Wäre die Messe eines schlechten Priesters minder wert wie die eines guten, so würde die Messe eines besseren Priesters wieder besser sein wie die eines minder guten. Das ist aber unzulässig. Denn „die Bosheit des Spenders darf keinen Einfluß haben auf die Mysterien Christi,“ sagt Augustin (4. de bapt. cont. Donat. 12.). Auf der anderen Seite heißt es (decret. 1. q. 1. c. 91.): „Je verdienstvoller der Priester ist, desto leichter wird er erhört werden, wenn er in der Not zu Gott fleht.“
b) Ich antworte; in der Messe sei 1. das Sakrament; 2. eine gewisse Anzahl Gebete für die lebendigen und abgestorbenen. Mit Rücksicht auf das Sakrament nun ist die Messe eines schlechten Priesters ebensoviel wert wie die eines guten. Mit Rücksicht auf die Gebete wird die Messe eines besseren Priesters fruchtreicher sein, soweit sie ihre Wirksamkeit haben von der Andacht des betenden Priesters; insoweit aber der Priester die Gebete vollbringt im Namen und als Vertreter der Kirche, deren Priester er ist, so sind auch im Munde des schlechten Priesters diese Gebete fruchtreich,denn er bleibt Diener und Vertreter der Kirche. Und ebenso haben Frucht auch seine sonstigen Gebete in den kirchlichen Offizien; nur seine Privatgebete sind fruchtlos, nach Prov. 28.: „Wer sein Ohr abkehrt, daß er auf das Gesetz nicht hört, dessen Gebet wird verflucht sein.“
c) I. Gregor spricht da von der Heiligkeit des Sakramentes. II. Bei der Taufe geschehen nicht feierliche Gebete für alle gläubigen, wie in der Mefle. Da besteht also keine Ähnlichkeit. Diese besteht mit Rücksicht auf die Wirkung. III. Durch die Einheit in der heiligen Liebe geschieht es, daß kraft des heiligen Geistes das, was ein Glied am Leibe Christi Gutes hat, dem anderen mitgeteilt wird; und so wird das Privat gute, was der Messe eines guten Priesters entquillt, sruchtreich für die anderen. Das Privatschlechte aber in einer Person schadet der Seele der anderen nicht, außer vermittelst der Zustimmung 2. eont. karm. 12.).
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