Zehnter Artikel Der Priester darf nicht ganz und gar der Konsekration sich enthalten.
a) Dies darf er wohl. Denn: I. Wie es zum Amte des Priesters gehört, zu konsekrieren, so gehört es dazu, daß er taufe und andere Sakramente spende. Hat aber ein Priester keine Seelsorge, so ist er nicht gehalten, die anderen Sakramente zu spenden. Also kann er auch ganz und gar sich der Darbringung des heiligen Opfers enthalten. II. Niemand ist zu dem verpflichtet, was er nicht thun darf. Ein exkommunizierter Priester aber darf nicht konsekrieren. Also ist er nicht gehalten, jemals zu konsekrieren. III. Die priesterliche Würde wird nicht verloren durch hinzutretende Krankheiten. Denn, sagt Gelasius (decret. dist. 55. c. 12.): „Wie die kanonischen Gesetze nicht zulassen, daß kranke Personen das Priestertum empfangen; so kann ein Priester, der nach der Weihe eine Krankheit bekommen, nicht das verlieren, was er zur Zeit seiner Gesundheit empfing.“ Dies kommt aber vor, daß Priester den Aussatz oder die fallende Sucht oder sonst eine andauernde Krankheit bekommen, die sie nicht mehr celebrieren läßt. Also sind die Priester nicht zu Letzterem gehalten. Auf der anderen Seite betet Ambrosius: „Schwer wiegt es, daß wir mit reinem Herzen und mit reinen Händen nicht zu Deiner Tafel kommen; aber schwerer wiegt es, wenn wir, aus Furcht daß wir dabei sündigen, auch das heilige Opfer nicht darbringen.“
b) Ich antworte, manche seien der Ansicht, der Priester könne, rein weil er so wolle, sich ganz und gar dessen enthalten, daß er konsekriere; nur wenn er Seelsorge habe, sei er dazu verpflichtet. Doch das ist unvernünftig. Denn jeder muß, sobald Gelegenheit geboten wird, die Gnade gebrauchen, welche ihm verliehen worden, nach 2. Kor. 6.: „Wir ermahnen euch, daß ihr nicht umsonst die Gnade Gottes empfanget.“ Die Gelegenheit aber wird hier nicht beurteilt mit Rücksicht auf die gläubigen, denen etwa die geistigen Dienste gelten; sondern zumal mit Rücksicht auf Gott, dem durch die Konsekration dieses Sakramentes ein Opfer dargebracht wird. Ganz und gar darf also kein Priester sich dem Celebrieren entziehen. Wenigstens an den Hauptfesttagen, zumal an jenen Tagen, an welchen die gläubigen zu kommunizieren pflegen, ist er gehalten, Messe zu lesen. Darum wird 2. Mark. 4, 14. gegen einige Priester gesagt: „Sie dienten bereits nicht mehr am Altare; sie verachteten den Tempel und vernachlässigten die Opfer.“
c) I. Die anderen Sakramente werden dadurch vollendet, daß die gläubigen sie gebrauchen oder empfangen; und so ist nur jener zu deren Spendung gehalten, der Seelsorge hat. Aber dieses Sakrament besteht in der Konsekration und wird vollendet in der Konsekration der Eucharistie, in welcher Gott dem Herrn geopfert wird; und dazu ist der Priester gehalten kraft der Priesterweihe. II. Ist der Priester exkommuniziert oder suspendiert, so hört die Verpflichtung, Messe zu lesen, auf. Dies ist aber seinem Geiste vielmehr zum Nachteile wie zum Vorteile. Ist er jedoch nur in Sünden und durch keinen Spruch der Kirche der Ausübung seiner priesterlichen Gewalt beraubt, so kann er bereuen und dann Meffe lesen. Dies hebt also die Verpflichtung nicht auf. III. Eine solche nachfolgende Krankheit nimmt die Weihegewalt nicht fort. Aber sie ist ein Hindernis für deren Ausübung; sei es weil sie, wie die Blindheit, die Verstümmelung der Zunge etc. solche Ausübung unmöglich macht, oder sei es weil sie, wie die Fallsucht, eine Gefahr der Verunehrung des Sakramentes mit sich bringt, oder sei es endlich weil sie abschreckt wie der Aussatz, so daß ein solcher Priester nicht öffentlich celebrieren darf.
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