Fünfter Artikel. Das Sakrament der Buße ist notwendig zum Heile.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Zu Ps. 125. (Qui seminant in lacrimis) sagt Augustin: „Sei nicht traurig, wenn du guten Willen hast, von wo aus du Frieden erntest.“ Also genügt zum Frieden, d. h. zum Heile, der gute Wille ohne Reue. Zudem heißt es 2. Kor. 7.: „Die Trauer nach Gott ist die Ursache für die Reue oder Buße.“ II. Nach Prov. 10. „bedeckt die heilige Liebe alle Sünden;“ und c. 15.: „Durch Barmherzigkeit und durch den Glauben werden die Sünden gereinigt.“ Da ist von Buße gar keine Rede. III. Wir müssen dem Beispiele Christi folgen. Er aber hat die ehebrecherische Frau losgesprochen ohne jegliche Buße, nach Luk. 8. Auf der anderen Seite sagt der Herr (Luk. 13.): „Wenn ihr nicht Buße thuet, werdet ihr alle zu Grunde gehen.“
b) Ich antworte; schlechthin, ohne Bedingung nämlich notwendig zum Heile sei alles dies, ohne was keiner sein Heil gewinnen kann, wie z. B. die Gnade Christi und die Taufe, durch die jemand Glied am Leibe Christi wird. Unter der Voraussetzung aber daß jemand der Sünde unterliegt, ist ihm notwendig zum Heile das Sakrament der Buße, während es für jene, die nicht sündigen, nicht notwendig ist. Daher heißt es (2. Paral. ult.): „Du, Herr, Gott der gerechten, hast keine Buße ausgelegt den gerechten, dem Abraham, Isaak und Jakob und jenen, die nicht gesündigt haben.“ „Die Sünde aber, wenn sie vollendet worden, erzeugt den Tod,“ wie Jakobus (1, 15.) sagt. Da also der Sünder nicht zum Heile gelangen kann, wenn nicht die Sünde von ihm entfernt wird und dies nicht geschehen kann ohne das Sakrament der Buße, in welchem thätig ist die Kraft des Leidens Christi vermittelst der Lossprechung und der entsprechenden Thätigkeit des büßenden, der mit der Gnade mitwirkt zur Tilgung der Sünden, so ist das Bußsakrament dafür notwendig zum Heile. „Wer dich geschaffen hat ohne dich,“ sagt Augustin (tract. 72. in Joan.), „wird dich nicht rechtfertigen ohne dich.“ So ist auch die Heilung notwendig für einen Menschen, der in eine Krankheit gefallen ist.
c) I. Jene Glosse ist zu verstehen von einem guten Willen, der nicht gesündigt hat. Wird aber der gute Wille hinweggenommen durch die Sünde, so wird er nicht wieder erlangt ohne die Trauer der Reue über sie; und das gehört zur Buße. II. Fällt jemand in Sünden, so ist die Frste Voraussetzung die Reue oder Buße, damit Liebe, Barmherzigkeit, Glaube ihn von der Sünde lösen. Die Liebe nämlich verlangt, daß man das Gegenteil vom geliebten Gegenstände haßt und über die diesem zugefügte Beleidigung Schmerz empfindet. Der Glaube fordert, daß der Sünder danach verlangt, durch die Kraft des Leidens Christi, welche in den Sakramenten wirkt, gerechtfertigt zu werden von seinen Sünden. Die Barmherzigkeit legt auf, daß der Mensch seinem eigenen Sündenelende durch die Reue oder Buße abhelfe; denn „elend macht die Menschen die Sünde,“ heißt es Prov. 14.; und: „Erbarme dich deiner Seele und gefalle Gott“ (Ekkli. 30.). III. Christus konnte, wie schon oft gesagt, die Wirkung eines jeden Sakramentes verleihen, ohne daß Er das Sakrament selber verlieh. Also ohne eine äußerliche Buße löste er diese Frau; nicht aber ohne innerliche, die Er selbst in ihr durch die Gnade wirkte.
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