Siebenter Artikel. Die Einsetzung des Bußsakratnentes.
a) Dieselbe war gar nicht notwendig. Denn: I. Was zum natürlichen Rechte gehört, bedarf keiner weiteren Einsetzung. Das Böse aber verabscheuen, wenn man das Gute liebt, gehört zum natürlichen Rechte. Also ist die Buße unzukömmlicherweise eingesetzt im Neuen Testamente. II. Auch im Alten Bunde war die Buße, nach Jerem. 8.: „Keiner thut Buße wegen seiner Sünde und sagt: Was habe ich gethan.“ Also bedurfte es keiner Einsetzung im Neuen Bunde. III. Die Buße als zweite Planke folgt der Taufe. Sie ist aber vom Herrn eingesetzt vor der Taufe; im Beginne nämlich seines Predigens sagte der Herr (Matth. 4.): „Thuet Buße; denn es naht das Himmelreich.“ Also ist dieses Sakrament nicht zweckmäßig eingesetzt. IV. Christus scheint dieses Sakrament nicht eingesetzt zu haben, da Er selbst es nicht gebraucht hat, wie Er z. B. die Eucharistie genommen. Also wirkt im selben nicht die Kraft Christi. Auf der anderen Seite heißt es Luk. ult.: „Christus mußte leiden und von den toten auferstehen am dritten Tage und in seinem Namen mußte Buße gepredigt werden und Nachlaß der Sünden unter allen Völkern.“
b) Ich antworte; in diesem Sakramente seien die Thätigkeiten des büßenden wie die Materie und was der Priester thut, das sei wie die bestimmende Form, insofern er als Diener Christi thätig ist. Die Materie nun besteht auch in den anderen Sakramenten entweder von Natur aus vorher, wie das Wasier; oder der Kunst nach, wie das Brot. Deshalb bedarf es einer eigenen Auswahl und Bestimmung von seiten des Einsetzers, damit dieses außen vorherbestehende Element zur Materie eines Sakramentes werde. Die Form aber in jedem Sakramente ist ganz und gar von Christo, von dessen Leiden die in den Sakramenten wirkende Kraft ausgeht. So besteht also die Materie hier ebenfalls vorher; denn durch seine natürliche Vernunft wird der Mensch dahinbewegt, daß er Schmerz empfinde über das von ihm begangene Übel. Daß er aber in einer bestimmten Weise Buße wirke, das kommt von der göttlichen Einsetzung. Deshalb hat der Herr im Beginne seiner Predigt den Menschen aufgelegt, nicht nur daß sie büßen, sondern auch daß sie etwas aus Buße thun, indem er hinwies auf bestimmte Art und Weisen thätig zu sein im Geiste der Buße; und damit wies er hin auf dieses Sakrament. Was jedoch zum Amte der Priester gehört, hat Er bestimmt in den Worten (Matth. 16, 19.): „Dir werde ich die Schlüssel des Himmelreichs geben.“ Die Wirksamkeit und den Ursprung der in diesem Sakramente wirkenden Kraft aber hat Er ausgedrückt nach der Auferstehung Luk. ult.: „Es muß Buße gepredigt werden im Namen des Menschensohnes zum Nachlasse der Sünden unter allen Völkern;“ denn kraft des Namens Jesu, der für uns gelitten hat und auferstanden ist, hat dieses Sakrament Wirksamkeit zum Nachlasse der Sünden.
c) I. Vom Naturrechte geht es aus, daß jemand über das begangene Übel Schmerz empfinde, Heilmittel irgendwie suche und durch einige Zeichen seinen Schmerz offenbare; wie von den Niniviten (Jon. 3.) gelesen wird. Hier aber im Neuen Testamente wird dieses Alles durch Christum näher bestimmt, wie dies auch mit den übrigen Principien des Naturrechts der Fall war. So war auch bei den Niniviten der Glaube an das Wort des Jonas für die Buße in bestimmte Bahnen gelenkt; nämlich in die der Hoffnung auf Nachlaß: „Wer weiß es, ob nicht Gott verzeihe und sich zu uns wende und von seinem Zorne lasse und so wir nicht zu Grunde gehen.“ II. Auch im Alten Testamente hatte die Buße eine nähere Bestimmung und Begrenzung, aber wie dies der Unvollkommenheit des Alten Bundes zukam. Denn mit Rücksicht auf den Schmerz sollte auch da dieser mehr im Herzen sein wie in äußeren Zeichen, nach Joel 2.: „Zerreißet euere Herzen und nicht euere Kleider;“ und mit Rücksicht auf das Heilmittel sollten sie mindestens im allgemeinen ihre Sünden den Dienern Gottes bekennen. Deshalb heißt es Lev. 5.: „Wenn eine Seele aus Unwissenheit gesündigt hat, so soll sie einen fleckenlosen Widder darbringen;“ nämlich mit dem Vorstellen des Opfertieres selber bekannte gewissermaßen der betreffendebereits die bestimmte Gattung seiner Sünde. Und danach heißt es Prov. 28.: „Wer seine Sünden verbirgt, wird nicht gelenkt werden; wer sie bekennt und verläßt, wird Barmherzigkeit erlangen.“ Denn noch nicht war die Schlüsselgewalt eingesetzt; und somit war noch nicht es so bestimmt, daß jemanden seine Sünde schmerze mit dem Vorsatze, sich durch Bekenntnis und Genugthuung der Schlüsselgewalt zu unterwerfen in der Hoffnung, Verzeihung zu erlangen durch die Kraft Christi. III. Was der Herr über die Notwendigkeit der Taufe zu Nikodemus (Joh. 3.) sagte, ging der Zeit nach vorher dem, was Er sagte über die Notwendigkeit der Buße. Jenes nämlich war vor der Einkerkerung des Johannes; dieses nachher. Jedoch wird auch vor der Taufe eine gewisse Buße erfordert, nach Act. 2.; und so könnte Er auch in umgekehrter Ordnung gesprochen haben. IV. Christus hat seine Taufe ebenfalls nicht in Gebrauch genommen, sondern die Taufe des Johannes erhalten. Und Er hat auch nicht selbst getauft (Joh. 4.), sondern vermittelst seiner Jünger; wenn man auch meinen darf, Er selbst habe seine Jünger getauft (Aug. ad Seleuc. ep. 265.). Dieses Sakrament aber konnte Er weder empfangen, weil Er keine Sünde hatte; noch spenden, weil Er die Wirkung dieses Sakramentes verlieh ohne das Sakrament, damit Er seine Kraft und seine Barmherzigkeit darthue. Die Eucharistie nahm Er selbst und gab sie anderen, damit Er deren hervorragende Würde einpräge und weil sie ein Andenken ist an sein Leiden, in welchem Christus Priester und Opfergabe ist.
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